Mitten in Aubing:Hauptsache schnell

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Wer einmal auf den verschlungenen Pfaden des Schienenersatzverkehrs unterwegs war, lernt schnell wieder die sonst so oft geschmähte S-Bahn lieben.

Von Thomas Kronewiter

Noch nie mit dem Bus so rasant im Münchner Westen unterwegs gewesen. Wenn schon Schienenersatzverkehr, dann wenigstens zügig. Schon die Kurve am Pasinger Knie - großartig! Dieser Anpressdruck in den Polstern! Wie gut, dass man sich mit dem Rücken zur Fahrtrichtung gesetzt hat. Ist ein bisschen wie Achterbahnfahren. Naja, Achterbahn für Vierjährige. Und dieses in der Magengrube Kribbeln auslösende Auf- und Abschaukeln auf gerader Strecke. Wie das wohl erst in einem Ziehharmonika-Bus wäre?

Sind wir überhaupt im richtigen Fahrzeug? So lange die Bodenseestraße entlang, da müsste doch längst der Stopp an der Leienfelsstraße . . .? Da, gerade sagt es der Sitznachbar von schräg gegenüber auch. Unruhe im Bus. Wird nicht besser, als der Fahrgast in Reihe drei was von einem Schnellbus kräht. Der hält nur einmal, an der Endhaltestelle in Fürstenfeldbruck.

Hupps, war das eben der Bordstein? Ganz schön eng eigentlich, diese Limesstraße, für so eine wichtige Schienenersatzroute. Aber immerhin: Leienfelsstraße. Hier? In der Limesstraße? Wird schon stimmen, ein paar Aubinger steigen aus, offensichtlich ohne Murren. "Der kennt sich aus, der Busfahrer", kräht der Passagier in Reihe drei jetzt wieder. Ein Blick auf die Uhr: Prima in der Zeit. Ganz anders als in der Gegenrichtung am Morgen, als man sechs Minuten wegen des blöden Müllfahrzeugs in der Pretzfelder Straße verloren hat. Schritttempo! Ha!

Endlich am Ziel, nur raus hier. 46 Minuten seit Pasing, die S 4 braucht dafür gerade mal zwölf. Aber zehn Minuten schneller als am Vormittag. Kompliment. Könnte gerade noch für die "Tagesschau" reichen. Eindeutig Psychologie im Spiel bei diesen S-Bahn-Planern. Diesen genialen Schienenersatzverkehr-Knoblern. Schicken die Busse extra auf verschlungenen Pfaden über Müllabfuhr-Routen. Dann freut man sich wieder so richtig auf die sonst so geschmähte S-Bahn.

© SZ vom 03.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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