Mittagspause:Was es in Münchner Kantinen zu essen gibt

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Bio, nachhaltig, regional: In vielen Münchner Kantinen vollzieht sich ein Kulturwandel. Doch Qualität und niedrige Preise unter einen Hut zu bringen, ist nicht immer einfach.

Von Laura Kaufmann

Die Mittagspause ist heilig. Kurz durchschnaufen, auf andere Gedanken kommen. Und den Magen füllen, der seit geraumer Zeit grummelt. Für einen Großteil der arbeitenden Bevölkerung bedeutet dieses Magengrummeln den Gang in die Kantine. Aber die Vorfreude kann sehr unterschiedlich ausfallen. Etwa 9100 Betriebskantinen gibt es im Freistaat, schätzt das Ernährungsministerium, und die Qualität ihrer Angebote schwankt gewaltig. Weswegen Ernährungsminister Helmut Brunner im März sogar neue Leitlinien für die Betriebsgastronomie herausgegeben hat, damit in den Kasinos des Landes gesünder und besser gekocht wird.

Viele Angestellte sind mittags auf die Kantine angewiesen, wenn sich in der Nähe keine Restaurants und Geschäfte befinden. Und es ist für die wachsende Zahl an Menschen, die auf ihre Ernährung achtet, äußerst ärgerlich, wenn es immer nur labbrige Nudelgerichte und nicht näher zu identifizierende Quarkpampe gibt. Laut Bund Naturschutz greifen immerhin 20 Prozent der Deutschen beim Einkauf regelmäßig zu Bioprodukten.

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Dass es machbar ist, in Kantinen für eine zeitgemäße, hochwertige Ernährung zu sorgen, darauf will die Aktionswoche des Bund Naturschutz hinweisen. In der kommenden Woche, von 10. bis 14. Oktober, wird in 16 Münchner Betriebskantinen Bio-Essen ausgegeben. Zum sechsten Mal jährt sich die Aktion. "Dieses Jahr sind zum ersten Mal aktiv Unternehmen auf uns zugekommen, weil sie mitmachen wollten", sagt Elisabeth Peters, die die Aktionswoche organisiert. Wenn sie das gerade nicht tut, berät sie Betriebe in der Stadt, wie sie es schaffen können, ihren Mitarbeitern eine hochwertigere, nachhaltigere Ernährung anzubieten.

Dabei muss sie in diesen Tagen weniger Überzeugungsarbeit leisten, als das früher der Fall war. Die Grundeinstellung der Arbeitgeber habe sich gewandelt, meint Peters. Mit der Allianz, MAN, Linde, der Versicherungskammer Bayern und dem Studentenwerk ist damals die erste Bio-Aktionswoche zusammengekommen. Nächste Woche sind unter anderem auch der Landtag, das Umweltministerium, vier Standorte der Hypovereinsbank, Kaut Bullinger, das Klinikum Dritter Orden, das Polizeipräsidium und die Stadt mit ein paar Kantinen dabei.

"Am liebsten arbeite ich mit Unternehmen, die ihre Kantinen selbst organisieren", sagt Peters. In der Regel sind die Küchen nämlich fremdverpachtet. Ein Caterer kümmert sich dann um das Essen. Das muss nicht automatisch schlecht sein. Aber es gibt eben auch die Global Player, die preiswerte Tiefkühlgerichte voller Haltbarmacher und Geschmacksverstärker anliefern, deren Nährwert und Geschmack in etwa dem eines Stücks Pappe entspricht.

München sieht Elisabeth Peters auf einem sehr guten Weg. Ein absoluter Vorzeigebetrieb, auch bundesweit, ist Linde in Pullach. Hier liegt der Bio-Anteil bei etwa 60 Prozent. Verantwortlich für die Speisen in dem futuristisch geprägten Ambiente ist Kurt Stümpfig. Bis zu 2500 Mittagessen verlassen täglich seine Küche. Verschiedene Gerichte mit Fisch, Fleisch, Geflügel, Wild; kaltes und warmes Buffet, mindestens zwei vegetarische und ein veganes Essen.

Von Biohöfen bezieht Kurt Stümpfig seine Produkte, von Lieferanten wie der Tegernseer Naturkäserei und auch Sozialprojekten wie der Gemüseschneiderei Regenbogen. Als aufwendig empfindet er das nicht, "inzwischen ist das einfach gelebte Praxis". Und bei den Mitarbeitern der Firma komme es gut an, dass in der Kantine das gesamte Tier verwertet wird, nicht nur das edle Steak. "Wir haben auch Speisen im Angebot, die man anderswo selten bekommt", sagt der Kantinenchef. Herz-Zungen-Ragout zum Beispiel.

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Natürlich ist das in etwa drei bis fünf Mal so teuer wie herkömmliche Kantinenkost. Der Betrieb bezuschusst ordentlich, der durchschnittliche Kantinenbon liegt bei sechs Euro. Erst kürzlich habe Linde eine Umfrage zur Zufriedenheit mit der Verpflegung gestartet, sagt Stümpfig: "Gut 90 Prozent haben angegeben, dass sie sogar noch mehr ausgeben würden für mehr Bio und Regionalität."

Ähnlich ist es bei der Allianz: "Die Mitarbeiter sind bereit, geringe Preisanpassungen mitzutragen, wenn es den Bio-Anteil erhöht", sagt Walter Kratzer, der die Gastronomie verantwortet. Die Angestellten haben die Wahl zwischen drei verschiedenen Restaurants auf dem Campus. Einiges ist bio, ein Schwerpunkt ist auch hier Regionalität. Fisch stammt aus nachhaltigem Fang, Fleisch wenn möglich von Höfen in der Umgebung. Und wenn ein Fuchs im Hühnerstall in Hirschhausen sein Unwesen getrieben hat, streicht der Küchenchef eben das Hendl wieder von der Karte.

Dass Unternehmen verstärkt auf gute Verpflegung setzen, spürt auch Ewald Gosch vom Cateringunternehmen "Genusszeit". Er versorgt zwölf Kantinen in Bayern mit Gerichten, die regional, nachhaltig und wenn möglich auch bio sind. Das Europäische Patentamt gehört zu seinen Kunden, die Landeszentrale für Neue Medien oder Sky Deutschland in Unterföhring. Statt klassischer Kantinen richtet Gosch lieber eine Art Begegnungsraum ein, der den Mitarbeitern immer zugänglich ist. Wo sie zwischendurch arbeiten können, statt alleine im Büro zu sitzen. Wo Konferenzen bei ein paar Snacks stattfinden können. "Die Firmen haben verstanden, dass eine Wertschätzung der Mitarbeiter und gutes Essen mit weniger Krankheitsfällen und gesteigerter Leistungsfähigkeit einhergehen", sagt Gosch. Für die Unternehmen ist eine Bezuschussung eines guten Kantinenkonzepts schließlich kein selbstloses Investment.

Und trotz allem, trotz einer gesteigerten Nachfrage nach vegetarischem Essen, sind die beliebtesten Gerichte bei der Allianz nach wie vor Schnitzel und Currywurst. Qualitativ hochwertig zubereitet. Das ist der Unterschied.

© SZ vom 08.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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