Milbertshofen:Lückenschluss an der Piccoloministraße

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Der Neubau des Milbertshofener Stadtteilzentrums nutzt die letzte Brachfläche hinter dem Kulturhaus aus und schafft ein Angebot, das es so im Münchner Norden bisher nicht gab: die mobile Tagesbetreuung. Eine Ausweitung der Angebote im Haus hängt nun noch von der Stellenbewilligung ab

Von Julian Raff, Milbertshofen

So wendungsreich und kontrovers die Planung des neuen Milbertshofener Stadtteilzentrums verlief, so unauffällig ist nun das Leben in den knallroten Kubus an der Ecke Schleißheimer/ Piccoloministraße eingezogen, der seit dem vergangenen Jahr das Pendant zum Kulturzentrum am Curt-Mezger-Platz bildet. Im September 2018 konnte der Verein Stadtteilarbeit den 8,55 Millionen Euro teuren Neubau beziehen. Deutschkurse, Schulberatung, Hausaufgabenbetreuung, Jugendarbeit und viele weitere Sozialangebote haben nun mit 650 Quadratmetern rund doppelt so viel Platz zur Verfügung wie im früheren historischen Domizil am Alten St.-Georgs-Platz, das der Verein nicht zuletzt wegen Feuchtigkeit und Statikproblemen aufgeben musste. Eine Ausweitung der Aktivitäten hängt nun auch davon ab, ob das Sozialreferat dem 1984 gegründeten Träger weitere Stellen genehmigt.

Auf dieses Haus durfte man gespannt sein: Der Neubau des Stadtteilzentrums setzt architektonisch eine eigenen Akzent und lehnt sich doch an das auffallend rote Kulturhaus an. (Foto: Robert Haas)

Als Nachbar unter dem Dach des Vereins, wie auch "seines" Neubaus ist im Erd- und ersten Obergeschoss eine Krippe mit drei Gruppen eingezogen, kombiniert mit einer Station der "mobilen Tagesbetreuung", kurz Mobita. Das Ersatzmodell greift, wenn Tagesmütter kurzfristig krankheitsbedingt ausfallen, und wird vor allem im Krippenalter in Anspruch genommen. In einem Gruppen- und Schlafraum mit eigenständigem Sanitär- und Küchenbereich können bis zu zehn Kinder gleichzeitig betreut werden. Um Überbelegung zu vermeiden, ist die Ersatz-Option auf 75 Kinder beziehungsweise deren Eltern begrenzt. Der Betrieb schließt eine Lücke im Münchner Norden, ist unabhängig von den Öffnungszeiten des neuen "Piccolomini"-Horts - und könnte längst laufen, mit dem nötigen Personal. Das Sozialreferat konnte die genehmigten anderthalb Stellen noch nicht besetzen und sucht dringend qualifizierte, erfahrene und flexible Tagesmütter.

Den drei zwölfköpfigen Gruppen stehen je ein Spiel- und Schlafraum mit zusammen rund 60 Quadratmetern zur Verfügung. (Foto: Robert Haas)

Den Fachkräftemangel spürt auch Krippenleiterin Maria Zeller, die gerade eine erste Gruppe mit derzeit fünf Kindern eingewöhnt und das Haus mangels neuer Kolleginnen noch nicht voll belegen kann. Im April/Mai soll eine zweite Gruppe anlaufen. Von der freundlichen Architektur und modernen Ausstattung konnten sich Eltern beim Tag der offenen Tür überzeugen: Den drei zwölfköpfigen Gruppen stehen je ein Spiel- und Schlafraum mit zusammen rund 60 Quadratmetern zur Verfügung, dazu Sanitärräume mit WCs und Waschbecken in abgestuften Größen - wie Zeller erklärt, eine große Hilfe auf dem sanften Weg in die Selbständigkeit. Zum Spielen und Toben finden Kinder dort Möglichkeiten vor, wie sie Münchner Wohnhäuser selten bieten - auf den breiten Fluren, vor allem aber im verglasten Hof zwischen dem Neubau und den Häusern an der Piccoloministraße. Auf begrenztem Raum lädt der Spielplatz mit seinem weichen Tartanbelag zum Laufenlernen inklusive Hinfallen ein. Am Sandkasten gibt es einen Spielbrunnen zum Pritscheln und Schlamm-Kleckern. Neben der Treppe zwischen den zwei Ebenen führt eine gewellte Rampe mit Halteseilen nach oben, damit die Gehversuche nicht langweilig werden.

Im Komplex hat auch Kinderbetreuung reichlich Platz gefunden. (Foto: Robert Haas)

Die Nachbarn an der Piccoloministraße hatten sich bereits von den Veranstaltungen im Kulturhaus mitunter entnervt gezeigt. Anders als dort ist in Krippe und Mobita aber spätestens um 17 Uhr Feierabend. Die Einwände kennt auch Helmut Gmeinwieser, der das Stadtteilzentrum als Gesamteinrichtung leitet, wie zuvor schon das Haus am Alten St.-Georgs-Platz. Nach dortigem Vorbild hofft Gmeinwieser auf ein "Agreement" mit den Anwohnern, die ja schließlich auch Räume für eigene Feste anmieten könnten und dafür hoffentlich einmal ein Auge und Ohr zudrückten, wenn im Café gefeiert wird. Die Dachterrasse werde jedenfalls nicht für Partys geöffnet, sichert Gmeinwieser zu.

Krippen- und Mobita-Einrichtungsleiterin Maria Zeller (rechts) führte am Tag der offenen Tür durch die Räume an der Ecke Schleißheimer/Piccoloministraße. (Foto: Robert Haas)

Anwohnerbedenken waren lange Zeit nicht das einzige Hindernis auf dem Weg zum Stadtteilzentrum: Zunächst wollte die Stadt über ihre Tochtergesellschaft MGS dort ein Bürohaus bauen, um so das südlich angrenzende, nach 20 Jahren Vorlauf schließlich 2005 eröffnete Kulturhaus zu finanzieren. Dazwischen kam nicht zuletzt die Büroimmobilien-Flaute der 2000er-Jahre. Das Kulturhaus erblühte, die Wiese verwilderte und hielt als illegaler Parkplatz und Müllkippe her. Wenigstens war beim Kulturhaus mit dem eingehausten, von den Jugendlichen "Glaspalast" getauften Spielfeld ein Ersatz für den früheren Bolzplatz entstanden.

Eher gebremst als angeschoben hatte das Projekt Stadtteilzentrum im Jahr 2010 der Bezirksausschuss Milbertshofen-Am Hart. Eine rot-gelbe Mehrheit im Gremium teilte Finanzierungsbedenken der Kämmerei, trotz lockender Bundeszuschüsse. Die wären allerdings nur bei Bezug bis 2013 geflossen, dem Jahr, in dem der Stadtrat schließlich den Bau beschloss. Der ging dann zügig über die Bühne, inklusive einer reibungslosen Übergabe. Die Eröffnung in Form eines Sommerfestes für die Milbertshofener plant der Verein Stadtteilarbeit nun für Freitag, 5. Juli. Ein Festakt mit offiziellen Vertretern ist erst für den Herbst oder für Frühjahr 2020 geplant.

© SZ vom 28.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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