Milbertshofen:Der Mix macht's

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Stadtviertelpolitiker lehnen den Bau eines Wohnheimes für akut wohnungslose Familien an der Riesenfeldstraße ab

Von Nicole Graner, Milbertshofen

Schon einmal lag der Plan der Stadt München, an der Riesenfeldstraße 83 bis 83 b ein Flexiwohnheim zu bauen, auf dem Tisch. Und schon einmal haben ihn die Lokalpolitiker abgelehnt. Nun war der Neubau in der jüngsten Sitzung des Bezirksausschusses Milbertshofen-Am Hart (BA) erneut Thema.

Dieses Flexiwohnheim soll, so erklärt es das Sozialreferat in seiner Zielsetzung, der zeitlich befristeten Unterbringung akut wohnungsloser Familien dienen, die dort bleiben können, bis eine langfristige Wohnperspektive möglich ist. Während dieser Zeit sollen auch mit Hilfe sozialpädagogischer Betreuung eine neue Wohnperspektive erarbeitet und die Ursachen der Wohnungslosigkeit analysiert werden.

Hundert Bettplätze soll das Flexiheim haben. Im Erd- und im ersten Obergeschoss 26 Einzelzimmer, im zweiten bis fünften Obergeschoss je sieben Wohnungen mit 30 bis 33 Quadratmetern. Die Zimmergrößen sind für drei bis sechs Personen ausgelegt; jede Wohneinheit soll über Bad und Küche verfügen. Und: Es gibt Gemeinschaftsräume für regelmäßige Beratungsgespräche, Informationsveranstaltungen und jahreszeitliche Angebote. Auch Kinderbetreuungen wie Hausaufgabenhilfe und Gruppenangebote sollen gewährleistet sein. "Hierfür", so schreibt die Stadt, "sind 1,86 Stellen vorgesehen." Insgesamt sollen im Flexiheim sechs bis acht Mitarbeiter beschäftigt sein.

Auf der einen Seite beschreibt die Stadt in ihrem Vorbescheidsantrag, dass der Schwerpunkt der Nutzung bei Auszubildenden und Familien läge, in der näheren Beschreibung spricht das Sozialreferat aber auch von einem besonderen Schwerpunkt bei der Betreuung "auf den Unterstützungsbedarf von Flüchtlingen mit Bleibeperspektive". Auch in der Bauvoranfrage ist ausdrücklich von einem Wohnheim für Migranten die Rede. Nicht ganz eindeutig schien den Mitgliedern des Bezirksausschusses daher die Beschreibung des Vorhabens. Die SPD befürchtete, dass durch den Bau des Wohnheims die sogenannte Münchner Mischung in diesem Bereich des Stadtviertels verschwindet.

Unter der Formel "Münchner Mischung" versteht man die Steuerung der Wohnungsbaupolitik nach einem bestimmten Schlüssel. Demnach soll ein Drittel der Wohnungen in einem Stadtviertel aus frei finanzierten Mietwohnungen, ein Drittel aus Eigentumswohnungen und eines aus sozial geförderten Wohnungen bestehen. Auch soll die Mischung an großen und kleinen Unternehmen ausgewogen sein. Vor allem geht es um den Bevölkerungsmix - also Menschen mit geringem und hohem Einkommen - und die Verhinderung von Ghetto-Strukturen.

"Wir wollen", erklärt Susanne Schneider-Geyer (SPD), "keinen Bau mehr mit dieser Nutzung." Auch Erich Tomsche (CSU) machte deutlich, dass auf einer "zu kleinen Fläche viel zu viel des Guten" gefordert werde. So allmählich sei in Milbertshofen eine Situation erreicht, bei der man aufpassen müsse, was im BA beschlossen werden sollte oder nicht. Eine "Anhäufung von Wohnheimen in dieser Gegend" (Freie Wähler/ÖDP) - auch das war eine Begründung dafür, warum das Gremium den geplanten Bau skeptisch betrachtete. Die Norderneyer Straße, an der ebenfalls ein Boardinghouse für Wohnungslose entstehen soll, das "Wohnen-für-alle"-Projekt, das derzeit am Frankfurter Ring entsteht, bereits bestehender sozialer Wohnungsbau und andere Wohnheime - in der Umgebung gebe es einfach zu viel davon. Darin war sich das Gremium mehrheitlich einig.

Anders die Grünen. Stadträtin und Mitglied des Bezirksausschusses für den elften Stadtbezirk, Jutta Koller (Bündnis 90/Die Grünen), sieht das Angebot an der Riesenfeldstraße als eine Alternative für diese Menschen. Es sei zehn Mal besser, solch eine Wohnung zu haben, als keine. "Das Stadtviertel kann so ein Wohnheim gut vertragen." Der BA lehnte das Flexiheim an der Riesenfeldstraße dennoch ab. Die Begründung, dass die Münchner Mischung nicht mehr gewährleistet sei und es zu viele Wohnheime in der Gegend gebe, soll auf Wunsch des Gremiums der Stadt deutlich mitgeteilt werden.

© SZ vom 26.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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