Milbertshofen:Bolzplatz wird zur Baugrube

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Stadträte begründen ihr Festhalten am Wohnprojekt mit den "enormen Herausforderungen" durch den steigenden Zuzug - kleinere Spielfläche soll aber bleiben

Von Nicole Graner, Milbertshofen

"Ja, toll!" Die erste Reaktion von Sigrid Bülow fällt kurz aus. Und sarkastisch. Zu groß ist die Enttäuschung darüber, als sie erfährt, dass es den großen Bolzplatz am Frankfurter Ring nicht mehr geben wird. Der Planungsausschuss der Stadt München hat in seiner Sitzung am Mittwoch das Nein des Bezirksausschusses (BA) Milbertshofen-Am Hart zum Bauprojekt sowie die Empfehlungen der Bürgerversammlung Milbertshofen-Am Hart vom Juli und die Bürgerpetition für den Erhalt des Bolzplatzes zurückgewiesen. Das Wohnungsunternehmen GWG wird im Auftrag der Stadt München auf dem Areal das "Wohnen für alle"-Bauprojekt verwirklichen können.

"Wir haben es irgendwie geahnt", erklärt Bülow, die zusammen mit anderen Anwohnern monatelang für den Erhalt des Bolzplatzes gekämpft hatte. "Wir sind halt nicht das Viertel, in dem Menschen mit großem Einfluss leben, um solche Dinge abzuwenden." Auch bei Luise Valier, die die Petition vorangetrieben hat, ist "erst einmal die Luft raus" und die Enttäuschung riesig. Gerade hat sie noch ein Fußball-Turnier für den 2. Oktober organisiert und die Stadträte um eine Vertagung der Bolzplatz-Thematik gebeten. "Das wird die vielen jungen Familien treffen", sagt Valier, "es wird Wehmut und vor allem Ärger aufkommen, dass der Bürger nicht mehr gesehen, gehört und wahrgenommen wird. Dass Bürger-Engagement keine Auswirkung mehr auf die Politik hat."

Auch dann, wenn die im August plötzlich abmontierten Tore am Mittwoch wieder aufgestellt worden sind. Bewegen konnte auch der Bezirksausschuss-Vorsitzende Fredy Hummel-Haslauer (SPD) im Rathaus nichts mehr, der noch einmal die ablehnende Haltung des Stadtbezirks zum gesamten Bauvorhaben erklärte. Die Stadt begründet ihre Entscheidung mit den "enormen Herausforderungen", die wegen der stark steigenden Einwohnerzahlen und der hohen Anzahl von Flüchtlingen auf sie zukämen. "Ein völliger Verzicht auf die Bebauung", heißt es, sei daher "nicht möglich". Der jetzige Bolzplatz sei baurechtlich auch nicht genehmigt, aber habe "für die Nachbarschaft, sogar den Stadtteil eine wichtige Bedeutung" erlangt. Den Wunsch der Nachbarn, den Bolzplatz zu erhalten, hat die GWG in einer zweiten Planungsvariante berücksichtigt und den Baukörper von 60 auf 55 Wohnungen verkleinert. Damit wenigstens ein kleineres Spielfeld zur Verfügung stehen könne, informierte die GWG schon vor Wochen. Zwei Alternativen sind noch im Rennen, über die in der Sitzung des Planungsausschusses nicht entschieden worden ist. Die eine Variante sieht vor, das Gebäude entlang des Frankfurter Rings zu bauen, um eine geschlossene Bauweise "sinnvoll weiterzuführen" und die neue, 22 mal 45 Meter große Spielwiese zwischen dem neuen Wohnblock und den bestehenden in Südausrichtung einzuplanen.

Variante zwei will den verschmälerten Sportplatz parallel zum Frankfurter Ring ausrichten und das Wohngebäude parallel zur Schmalkaldener Straße. Der Vorteil: Der Lärm, der durch Kinder und Fußballspieler entstehen könnte, würde vom Verkehrslärm des Frankfurter Rings geschluckt. Der Nachteil: Die durchgehende Bauweise am Frankfurter Ring würde unterbrochen. Fest steht, dass in beiden Fällen Fangnetze an der Spielwiese angebracht werden müssten.

Sorgen macht sich Sigrid Bülow auch über die Parkplatzsituation durch den neuen Wohnungsbau . "Die ist eh schon katastrophal und wird dann wohl noch schlimmer werden", sagt sie. Wohl deshalb soll nun das Planungsreferat die Stellplatzsituation noch einmal nachjustieren. Baubeginn, informiert die GWG, ist wohl bereits Mitte Oktober.

© SZ vom 22.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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