Milbertshofen:Auf Granit gebissen

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Unruhige Adresse: die Häuser an der Graf-Konrad-Straße. (Foto: Florian Peljak)

Nach der missglückten Informationspolitik der Wohnungs- und Siedlungsbau Bayern GmbH lehnt der Bezirksausschuss Milbertshofen-Am Hart eine Bauvoranfrage für die Häuser Graf-Konrad-Straße 10 bis 18a ab

Von Nicole Graner, Milbertshofen

"Ja, da ist vieles falsch gelaufen, auch in unserem Haus", sagt Günter Glasner von der Wohnungs- und Siedlungsbau Bayern GmbH (WSB), "wir müssen lernen, besser auf die Leute zuzugehen". Damit spricht er das aus, was Lokalpolitiker und die Anwohner der Graf-Konrad-Straße 10 bis 18 a über eine Informationspolitik denken, die gar nicht erst stattgefunden hat.

Zum Hergang: Die Wohnungsbaugesellschaft möchte aufgrund des allgemein schlechten Zustandes der Bausubstanz zwei Gebäude an der Graf-Konrad-Straße 10 bis 18 a abreißen, um sie, wie es die WSB formuliert, durch eine neue "U-förmige" Wohnbebauung zu ersetzen. Insgesamt sollen 104 Wohnungen zwischen 35 und 105 Quadratmetern Größe entstehen. Die Mieter der betroffenen Gebäude hatten nur durch Zufall vom geplanten Abriss der Gebäude erfahren; in einer Anhörung hatte die WSB lediglich die Nachbarn darüber informiert. Angst machte sich bei den vorwiegend älteren Menschen der 36 Parteien breit. Angst vor dem Rauswurf, einem Umzug, und Angst, ihre sozialen Wurzen zu verlieren. Im Bezirksausschuss (BA) Milbertshofen-Am Hart hatten sie dieser Angst deutlich eine Stimme gegeben.

Günter Glasner von der WSB und Sebastian Kuhlen von der Dibag Industriebau hatten im Oktober versucht, den Anwohnern die Sorgen zu nehmen und den Bezirksausschuss von ihrem Vorhaben zu überzeugen. Mit geringem Erfolg: Zu glatt und wenig empathisch wirkte die Vorstellung des Projektes. Vor allem in der jüngsten Sitzung des Bürgergremiums war genau diese Vorstellung ein Grund für Thomas Schwed (CSU), gegen die Bauvoranfrage der WSB zu stimmen: "Die Performance hat mich alles andere als überzeugt. Einen Abriss kann man den 36 Parteien nicht zumuten."

Die WSB hatte dem BA in ihrem Antrag zum Vorbescheid vier Fragen gestellt. Ob zum Beispiel eine Erdgeschoss-plus-Vier-Bebauung möglich, ein Flachdach und eine Unterschreitung der Abstands zulässig seien. "Das sind Fragen an das zuständige Referat, nicht an uns", erklärte CSU-Fraktionsvorsitzender Erich Tomsche. In der Diskussion wurde die Frage nach der Aufstockung der Gebäude laut - und immer wieder auch die nach der Klärung des Mieterschutzes. Absolut sozialverträglich müsse bei diesem Projekt gearbeitet werden. Und es ging auch um die Frage, welches politische Signal der BA an die LBK senden wolle. Einig wurde man sich im ersten Anlauf nicht. Nach einer beratender Auszeit aller Fraktionen lehnte das Gremium den WSB-Antrag auf Vorbescheid ab. "So wie die Baumaßnahmen beantragt waren, waren sie für uns nicht zu befürworten", sagte SPD-Fraktionsvorsitzende Susanne-Schneider-Geyer. Auch befürchtet die SPD, dass die langjährigen Mieter, die das Viertel mitgeprägt hätten, verdrängt würden: "Die SPD steht für eine Verdichtung, allerdings nicht auf dem Rücken der Mieter."

Von der Ablehnung des Vorbescheids im BA wusste die WSB noch nichts. "Wir haben nichts vorliegen", sagt Glasner und macht deutlich, dass die WSB auch keinen Plan B in der Tasche habe. "Wir wissen noch nicht, was wir machen, falls auch die Lokalbaukommission ,Nein' sagt", räumt Günter Glasner ein. Das sei nun abzuwarten. Generell habe die WSB von Anfang an nur ausloten wollen, was mit den beiden Gebäuden baulich möglich sei. Es gehe immerhin um neuen Wohnraum. Fest stehe aber, und das betont Glasner noch einmal, dass die WSB sehr wohl die Sorgen der jetzigen Mieter verstehe und dass es keine Kündigungen geben werde - vor allem dann nicht, wenn die Gebäude nur von außen saniert würden. Und tatsächlich sind die Gebäuderiegel nicht schön: Die Eingänge müssten neu gemacht, die Fassade erneuert, rostige Dachrinnen ersetzt werden. Die Fenster allerdings scheinen schon einmal ausgetauscht worden zu sein. Mit einer grundlegenden Außensanierung könnten die beiden Komplexe vielleicht durchaus wieder ansehnlich werden.

Eine Sanierung koste viel Geld. Natürlich müssten neue Mieter im Fall einer kompletten Sanierung dann mit einer höheren Miete rechnen. Für die Bestandsmieter aber, erklärt der Leiter für Finanzierung, Günter Glasner, solle es an den Mieten nicht scheitern. Damit macht die WSB erstmals deutlich, dass sie zu Gesprächen und Kompromissen bereit ist: "Auch wir lernen dazu."

© SZ vom 08.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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