Messestadt Riem:Einen Rahmen schaffen für den Glauben

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Stefan Scheifele wird einen Pfarrverband mit 9000 Katholiken leiten - sehr viel Zeit für Seelsorge wird er nicht haben

Von Renate Winkler-Schlang, Messestadt Riem

Stabilität solle er garantieren, sagt Pfarrer Stefan Scheifele. Ruhig und gelassen sitzt der große Mann im Pfarrbüro in der Messestadt und wirkt tatsächlich wie ein Fels in der Brandung, gar nicht so, als wäre er gleich auf dem Sprung zum nächsten Termin. Aber Scheifele ist bereits der Pfarradministrator für Heufeld-Weihenlinden und Bruckmühl-Vagen mit zusammen sechs Kirchengemeinden im niederbayrischen Zipfel der Erzdiözese. Nun soll er dasselbe Interims-Amt auch für den zu gründenden Pfarrverband Vier Heilige Trudering-Riem mit den beiden Gemeinden St. Florian in der Messestadt und St. Peter und Paul in Kirchtrudering ausfüllen, zu dem auch die Filialkirche St. Martin in Riem gehört. Mehr als 9000 Katholiken sind hier seit der Versetzung von Pfarrer Martin Guggenbiller zu betreuen. Wie soll das gehen - so nebenbei?

Scheifele spricht von "priesterlichen Grundaufgaben" wie dem Sonntagsgottesdienst und den Sakramenten an den wichtigen Wendepunkten des Lebens wie Taufe zum Zahnwechsel, Kommunion in der Pubertät, Hochzeit, Krankensalbung. Dass jede Gemeinde einen eigenen Priester hat, sei einmalig gewesen in der Geschichte und war nach dem Krieg die richtige Antwort für die Halt suchenden Menschen, sagt er. Gott und die Menschen in Verbindung bringen, das könnten aber alle Christen. "Auch die Mutter, die ihrem Kind vor dem Einschlafen mit dem Daumen ein Kreuzzeichen auf die Stirn macht." Heute stelle ein Priester den Rahmen zur Verfügung, ihren Glauben leben sollen die Menschen unabhängig von ihm. Und das mache ihm auch gar keine Sorgen, sagt er fest und klar: "Weil ich kapiert hab, dass Christus die Gemeinde aufbaut. Nicht ich."

Scheifele, 50 Jahre alt, wohnt mit anderen Priestern in einem Haus der Diözese in Giesing, gerade dort, wo früher sein Schulweg vorbei ging. Die Wege zu seinen verschiedenen Einsatzorten sieht er als Entspannungsphasen: "Ich denke viel beim Autofahren." Dass seine Schäfchen nicht alle in den Straßen der Umgebung leben, ist Scheifele ohnehin gewohnt aus seiner Zeit als Militärpfarrer, zuerst in Amberg, dann in Berlin, später in Neapel, zuständig für die Soldaten im Mittelmeerraum: "Da umfasste mein Pfarrverband drei Zeitzonen."

In die Ferne zog es ihn, aufgewachsen mit drei Brüdern in einer katholischen Familie, schon gleich nach der Schule. Er absolvierte eine landwirtschaftliche Lehre in einem Kloster mit dem Ziel, als Missionar nach Afrika oder Alaska zu gehen, was er aber schnell als den "falschen Weg zum Ziel" erkannte. Erst nach einer Zeit als Taxifahrer in München trat er mit 25 ins Priesterseminar in München ein, denn ein Taxi in der Nacht, das sei "ein Beichtstuhl par excellence". Und immer habe er dabei gemerkt, dass Jesus ihm die Tragfähigkeit und die Freude gebe, die er dafür brauchte. Er machte dann seine Praktika unter anderem in Afrika, war Diakon in Sendling, Kaplan in Ampfing, als Militärpfarrer 18 Monate im Kosovo, Pfarradministrator in Töging am Inn.

Die Zeit beim Militär war wertvoll für ihn, er hat gemerkt: "Die Botschaft ist überall die gleiche". Er hat gelernt, sich zu organisieren und sich auch mal abzugrenzen: "Motorrad fahren, Musik machen, Malen, auch das Gebet ist ein großer Ausgleich." So werde er es schaffen in und um Riem, schließlich habe er als Taxler gerne die Fahrten hier heraus gemacht. Wie lange der Priester, der sich nebenbei auch noch zum Heilpraktiker für Psychotherapie hat ausbilden lassen, im Münchner Osten bleibt und ob es sogar Chancen gibt, dass er am Ende ganz kommt, das kann er nicht sagen. Vorerst wird er feste Tage einrichten für Vier Heilige Trudering-Riem, notfalls auf dem Handy erreichbar sein. In St. Florian hatte er seinen Einstands-Gottesdienst zum Patrozinium vor einigen Tagen, in St. Peter und Paul stellt er sich am Samstag, 13. Mai, 18 Uhr, in der Vorabendmesse vor.

© SZ vom 12.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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