Messestadt Riem:Die Unterversorgten

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So alt wie die Messestadt selbst ist der Ruf nach einem Discounter. Ob sich dieser Wunsch der Bewohner mit dem Bau des Quartierszentrums beim U-Bahnhof Messestadt-Ost erfüllt, erscheint aber nach wie vor ungewiss

Von Renate Winkler-Schlang, Messestadt Riem

Ein zweites Herz für die Messestadt soll es werden, das Quartierszentrum beim U-Bahnhof "Messestadt Ost", dort wo die immer noch unwirtliche Brache nun wenigstens schon mal eine Bautafel ziert. Vor allem auf einen lebenswerten Platz freuen sich die Menschen und auch auf eine nahe Einkaufsgelegenheit - der Osten des Viertels ist eklatant unterversorgt. Verdient hätten sie beides: Für den Platz haben sich im November 2014 fast 150 Menschen in einem von der Stadt angebotenem Workshop mit viel Herzblut und guten Ideen engagiert. Und der Ruf nach einem Discounter ist so alt wie die Messestadt selbst; in den Riem Arcaden gibt es mit Edeka nur einen Vollsortimenter. Im Februar 2014 hatten Aktive sogar Unterschriften gesammelt. Doch obwohl nun der Bebauungsplan steht, die Wettbewerbe abgeschlossen sind und klar ist, wer hier investiert, brauchen die Messestädter nach wie vor eines: Geduld. Und ob am Ende der ersehnte Discounter eröffnet oder doch nur ein Supermarkt, das steht noch nicht fest.

Winfried Eckardt von der Volkshochschule hatte zur Infoveranstaltung eingeladen und Eva Regensburger, im Planungsreferat zuständig für die Bauleitplanung der Messestadt, war gerne gekommen, "weil die Menschen hier so aktiv sind". Der Investor Ten Brinke, der östlich des U-Bahn-Aufgangs ein Gebäude mit Läden und 91 frei finanzierten Wohnungen erstellt, habe zwar bereits einen Bauplan eingereicht, könne demnächst mit der Genehmigung rechnen und wohl auch noch in diesem Jahr beginnen. Doch bis hier der Supermarkt eröffnet, werde es 2018. Regensburger zufolge will Ten Brinke einen Nahversorger und einen Drogeriemarkt errichten.

Eva Regensburger und Winfried Eckard. (Foto: Peljak)

Der Süddeutschen Zeitung erklärte Ten-Brinke-Vertreter Rüdiger Seeburger, noch verhandle man auch mit den einschlägigen Discountern - doch die Chance sei stark gesunken, seit bekannt wurde, dass im geplanten Erweiterungsbau der Riem Arcaden ein Discounter geplant sei. Eine merkwürdige Situation: Zuerst hatte die Stadt jahrelang keinen Investor für das Discounter-Gebäude im Osten gefunden, weil es mit Büros verknüpft war, nach denen aber keine Nachfrage herrschte. Dann änderte sie eigens den Bebauungsplan, was zwei Jahre in Anspruch nahm, machte dort eine Kombination mit Wohnungen möglich - und nun scheint es zu spät zu sein für den Discounter-Standort. Obwohl Regensburger erklärte, sie habe eigens in der Planung optimale Bedingungen gerade für einen Discounter vorgesehen. Vertraglich festschreiben habe man ihn aber nicht können, ergänzte Kommunalreferatssprecher Bernd Plank.

Ob und wann der avisierte Discounter bei den Arcaden kommen wird, ist aber unklar, der dortige Investor Union Investment hatte zwar im Februar Pläne vorgestellt und erklärt, er werde nun möglichst schnell bauen. Doch ähnliche Absichtserklärungen hatte es auch in den Vorjahren immer wieder mal gegeben. Die beim Infoabend zahlreich anwesenden älteren Bürgerinnen beklagten die Situation: Seit Jahren schon müssten sie alles über weite Strecken heimschleppen, zu Aldi oder Lidl sogar in andere Stadtteile fahren. "Furchtbar wütend" mache sie das, sagte eine Frau. Aber selbst wenn der Ten-Brinke-Bau fertig ist, wird es nicht gleich was mit dem Platz davor. Denn auf der anderen Seite errichtet die städtische Wohnungsbaugesellschaft Gewofag ein großes Karree, in dem unten eine Bücherei und ein Bildungslokal, ein Jugendcafé, Läden, ein Mieterstützpunkt und Gastronomie einziehen sollen und oben 154 Wohnungen entstehen, unter anderem für Azubis. Die Gewofag startet aber erst 2018, so sieht es deren interne Prioritätenliste laut Regensburger vor.

Wird in dem von 03 Architekten GmbH entworfenen Bau ein Discounter einziehen? (Foto: Simulation 03 Architekten)

So bleibt vom Platz vorerst nur der Traum. Der Wettbewerb dafür ist immerhin abgeschlossen, das Züricher Büro Vulcan hat die Wünsche der Bürger eingearbeitet in sein Konzept. Irgendwann im nächsten Jahrzehnt wird es hier Bereiche für die verschiedensten Aktivitäten geben, ob Flohmarkt oder Open Air, Flanieren oder Genießen. Eva Regensburger gab den Messestädtern noch den Tipp, für eine Rolltreppe am U-Bahn-Aufgang zu kämpfen: Der Unterbau sei vorhanden, doch weil am anderen Ende des Bahnsteigs eine Rolltreppe existiere, wäre sie nicht unbedingt nötig; Bürgeranträge könnten da helfen. Die Fläche für das Wohnhochhaus an der Michael-Ende-Straße auf der Südseite des Platzes habe das Kommunalreferat noch nicht in die Vermarktung gegeben, berichtete Regensburger. Auf dessen Fertigstellung müsse man mit der Platzgestaltung aber nicht warten, tröstete sie die Bürger.

© SZ vom 18.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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