Messestadt Riem:Der Unvollendete

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Beachtliche Dimensionen: Der Willy-Brandt-Platz in der Messestadt Riem ist immerhin zweimal so groß wie der Marienplatz. (Foto: Robert Haas)

Nach jahrelanger Kritik am Erscheinungsbild des Willy-Brandt-Platzes reagiert die Stadt: Mit Hilfe der Bürger soll ein Konzept zu dessen Umgestaltung entstehen

Von Renate Winkler-Schlang, Messestadt Riem

"Nicht mit uns" ist der Titel der Riem-Reibe, des Kunstwerks, das Olaf Metzel für den Willy-Brandt-Platz geschaffen hat. "Nicht mit uns", ein Zitat Willy Brandts, war stets eine Äußerung, die tief aus dem Herzen der Messestädter zu kommen schien - nicht zuletzt, wenn es um die Gestaltung dieses Riesenplatzes ging, den viele hämisch den "Platz der Leere" nannten. Die Stadt hatte jahrelang darauf verwiesen, dass er noch nicht fertig sei, dass der geplante Portikus ihn im Norden "optisch fassen" würde. Doch die Kritik verstummte auch danach nicht. Jetzt hat der Bauausschuss des Stadtrates sich dem Bürgerwillen gebeugt: Die Fläche, in die der Marienplatz gleich zweimal reinpassen würde, wird umgestaltet - und die Bewohner dürfen dieses Mal mitreden.

Als "repräsentativer Vorplatz des Viertels und als dessen kommerzielles Zentrum" war der Platz laut Baureferat konzipiert. Mehr als 15 000 Quadratmeter, umgeben von Hotel und Einkaufszentrum. Doch für die Westseite hatte sich lange kein Investor gefunden, die ursprüngliche Idee eines Multiplexkinos war schnell beerdigt. So blieb alles unvollendet, bis 2018 der Norden dieses offenen Raums mit einem 22 Meter hohen und rund 150 Meter langen Portikus bebaut wurde. Diese Gestaltung beruht auf einem Konzept des Landschaftsarchitekturbüros Lützow 7 zusammen mit der Künstlerin Karin Sander, beide aus Berlin. Die Wettbewerbssieger setzten darauf, dass der weitgehende Verzicht auf "Möblierung" den Bürgern die größtmögliche Freiheit und Flexibilität für eigene Aktivitäten und Aktionen bieten würde. Es gibt zwar einen "Brunnen", doch auch der ist ebenerdig: Eine große runde Betonfläche hat in der Mitte einen Wasserspeier, der hie und da dieses Rund benetzt.

CSU-Stadtrat Alexander Reissl spricht nun offen von einem "städtebaulichen Fehler". Bürger und Bezirksausschuss mäkelten immer wieder an diesem allzu öden Entree für die Messestadt. Die Stadt hatte 2015 zahlreiche große Sitz- und Liegemöbel angeschafft, wie sie im Wiener Museumsquartier beliebt und stark genutzt sind. Doch was dort in engerer Umgebung funktioniert, lud in der Messestadt allenfalls ein paar Jugendliche zum Bekritzeln ein. "Die Beliebtheit des Platzes konnte auch durch diese Maßnahmen nicht in einem befriedigenden Maß gesteigert werden", schreibt das Baureferat bedauernd in seiner Vorlage.

Aus Urheberrechtsgründen könnten nach Auskunft des Baureferats Änderungen an dem bestehenden Gestaltungskonzept jedoch nur mit Zustimmung der Entwurfsverfasser erfolgen. Eine Verbesserung der Situation erscheine daher nur "mit einem ganz neuen Gestaltungsansatz" möglich.

Ein neues Wettbewerbsverfahren aber empfiehlt das Baureferat nicht, es sieht hier die wahren Fachleute offenbar eher in der Nutzerschaft: Nur "durch eine intensive Bürgerbeteiligung und Einbindung der Bürgerinnen und Bürger in den Planungsprozess" sei die gezielte Umsetzung der Wünsche und Anregungen gewährleistet, heißt es jetzt.

Aber ganz ohne Profis geht es auch nicht: In einem ersten Schritt solle "mit Analysen und visuellen Anregungen" eine Grundlage für die Diskussion geschaffen werden - "ohne dass bereits eine konkrete Projektplanung erarbeitet und grundsätzliche Festlegungen getroffen werden". Dabei muss man Rahmenbedingungen wie die eingeschränkte Tragfähigkeit der Tiefgaragendecke berücksichtigen. Dann können die Bürger ihre Wünsche und Anforderungen definieren, und auch der Bezirkssauschuss darf Stellung nehmen. In einem dritten Schritt wird das Ergebnis der Bürgerbeteiligung in eine Studie eingearbeitet: "Ziel dabei ist es nicht, einer konkreten Gestaltung vorzugreifen", gewollt sei die Formulierung und Visualisierung eines grundsätzlichen Konzeptes für die Umgestaltung. Ende 2020 sollen die Ergebnisse dem Stadtrat vorgelegt werden. Der entscheidet dann, wie es weitergeht.

© SZ vom 07.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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