Messestadt Riem:Die Sprache der Trommeln

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Klang-Welten: der Senegalese Youssou (in weiß) und seine Trommelgruppe "Get Together". (Foto: Stephan Rumpf)

Der aus dem Senegal geflohene Profi-Schlagzeuger Youssou hat in München eine Musikgruppe gegründet. Es ist sein Weg, der Langeweile zu entkommen - vor allem aber, um Danke zu sagen

Von Katharina Eichinger, Messestadt

"Guten Abend. Danke, dass ihr hier seid und danke für eure Unterstützung. Ich finde keine Worte, um euch zu danken", sagt Youssou in englischer Sprache. Dann setzt er sich auf einen dunkelblauen Stuhl und zählt ein, mit seinen Schlägeln klopft er einen Rhythmus auf einer Marimba - ein Instrument, das ein bisschen aussieht wie ein selbst gebasteltes Xylophon. Youssou ist in seinem Element.

Der 40-Jährige kam vor sechs Monaten aus dem Senegal nach Deutschland: "Es war langweilig in der Unterkunft, jeder war nur mit seinem Handy beschäftigt." Auch die Nachbarn seien skeptisch gewesen, sagt er. Youssou suchte nach einem Ausweg -ihm war klar, dass er Musik machen will. Auf der Suche nach anderen Musikbegeisterten verteilte er Flugblätter, die von einer Freundin entworfen wurden. Mit Erfolg: Es melden sich Menschen, die mit ihm Musik machen möchten. Auch Trommeln werden für ihn gespendet.

Youssou war im Senegal Profimusiker. Als Schlagzeuger ist er mit verschiedenen senegalesischen Bands auf Tour gewesen - auch durch Europa. Er hat für Coumba Gawlo gespielt, eine der bekanntesten senegalesischen Künstlerinnen. Sein Talent will er jetzt in seiner neuen Heimat an andere Flüchtlinge und auch an Münchner weitergeben. Inzwischen besteht die Trommelgruppe Get Together aus 21 Menschen aller Altersklassen; knapp ein Drittel sind Flüchtlinge. Zwei Mal in der Woche treffen sie sich, bringen Essen und Getränke mit. Wasser, Spezi, Minipizzen: Hunger oder Durst muss in der Trommelgruppe wirklich niemand haben.

Bevor Youssou Instrumente geschenkt bekam, kaufte er sich Getränkedosen, auf den Red Bull-, Cola- und Limobüchsen machte er seine Musik. Seine Lieder schreibt der Senegalese selbst: "Sie handeln von Frieden und von Hilfe. Ich danke der deutschen Regierung." Deswegen möchte er München etwas zurückgeben: "Ich bin nicht nur ein Flüchtling, ich fühle mich hier jetzt auch verantwortlich."

Am Freitag, 27. November, treten Get Together bei einer "Mixed Art"-Veranstaltung auf. Organisiert wird sie von Lukas Koppitz, dem Geschäftsführer der Eventagentur "Akus-Tick", der auch selbst in der Gruppe mittrommelt. Koppitz spendet alle Einnahmen des Konzerts an Youssou und seine Trommelgruppe.

Die beiden Männer sind privat befreundet, mit Youssou und anderen Flüchtlingen hat Koppitz bereits Arabisch gekocht. Auch zum Vorstellungsgespräch in einer Musikschule begleitete er Youssou, denn eine Arbeitserlaubnis hat der Senegalese bereits. Noch allerdings kann er nicht als Schlagzeuglehrer beginnen, denn: "Jetzt muss er sein Deutsch verbessern, Noten lesen und das Schreiben lernen - dann treffen wir uns noch mal", sagt Koppitz. Für Youssou aber steht fest, dass er sich in Deutschland wieder ein Leben aufbauen will. Seine Aufenthaltsgenehmigung gilt noch bis zum Frühjahr - dann muss sie erst wieder verlängert werden.

Was in der Musikschule noch ein Problem ist, stört in der Trommelgruppe niemanden. Youssou spricht Deutsch, Englisch und Französisch mit seinen Musikern. Irgendeine Sprache versteht jeder. Manchmal sagt eine der älteren Teilnehmerinnen: "Wenn du das noch auf Deutsch sagen könntest, dann könnten wir es auch umsetzen!" Dann lacht Youssou und weiß: Sie verstehen sich auch so.

Während sie üben, nimmt der Senegalese die Musik mit dem Handy auf. Zu Hause hört er es sich noch mal an, versucht Fehler zu hören. Immer wieder unterbricht er seine Trommler und gibt ihnen Tipps, was sie besser machen können. Jeder Einzelne bekommt Hilfe von dem erfahrenen Schlagzeuger. Die Körpersprache liegt ihm besonders am Herzen. "Wir singen nicht, wir haben keine Worte auf der Bühne", erklärt Youssou seiner Gruppe, "die Leute müssen sehen, dass ihr Spaß habt". Und davon wollen Get Together das Publikum beim ersten großen Auftritt überzeugen.

Die "Mixed Art"-Veranstaltung beginnt am Freitag, 27. November, um 20 Uhr in der Kultur-Etage Messestadt an der Erika-Cremer-Straße 8; Einlass ist bereits eine halbe Stunde früher. Neben der Trommelgruppe treten noch zwei weitere Künstler auf. Karten für sieben Euro gibt es im Internet unter www.kulturzentrummessestadt.de. Alle Einnahmen des Abends gehen an die Trommelgruppe "Get Together".

© SZ vom 25.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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