Meine Woche:Mit einem Vers in die Stille

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Iris Geyer (Foto: Alessandra Schellnegger)

Auch Pfarrerin Iris Geyer nutzt die Fastenzeit zum Innehalten

Von Jorid Engler

Im Alltag kommt die Ruhe oft zu kurz. Das ist auch bei Pfarrerin Iris Geyer so. Ihr Terminkalender ist gut gefüllt. Deshalb freut sie sich, dass sie zumindest die Fastenzeit ans Innehalten erinnert. An diesem Montag bespricht Geyer die nächste Taufe, am Dienstag steht eine Kirchenvorstandssitzung ihrer evangelisch-lutherischen Auferstehungskirche an. Mittwoch schreibt sie die Predigt, die sie am kommenden Sonntag halten wird. Als Pfarrerin arbeitet sie selbst am Sonntag, wenn andere die Arbeit ruhen lassen. "Weite Teile meiner Arbeit haben Management-Charakter", sagt Geyer. Für das Eigentliche, den Glauben, bleibt da oft wenig Raum.

In der Fastenzeit, die am Aschermittwoch begonnen hat, nimmt sie sich vor, weniger fernzusehen. Für den Verzicht hat sie den Donnerstagabend ausgewählt. "Wenn man loslässt, bekommt man etwas zurück. Ich erlebe mich anders, weil ich meine Gewohnheiten durchbreche", fasst Iris Geyer die Idee des Fastens zusammen. Der Fernseher bleibt donnerstags also ausgeschaltet. Stattdessen trifft sie sich mit anderen Gläubigen im Pfarrheim Sankt Rupert an der Gollierstraße zum Meditieren. Sie leitet dort während der Fastenzeit mit Elisabeth Stanggassinger, der Gemeindereferentin des katholischen Pfarrverbandes Westend, ein Treffen zu "ökumenischen Exerzitien im Alltag". Am Donnerstag, 22. Februar, 19.30 Uhr, ist der Einführungsabend.

Exerzitien sind spirituelle Übungen. "Es geht darum, Gott zu hören, zu spüren und zu erfahren. Das geht nur, wenn ich achtsam bei mir bin", sagt Pfarrerin Geyer. Mit den Teilnehmern begibt sie sich auf eine Körperreise. "Die Gedanken sind ja überall, aber der Körper, der ist schon da", beschreibt sie die Methode. Die Körperreise solle die schwirrenden Gedanken beruhigen, damit der Glauben vom Kopf ins Herz wandert. Es gehe darum, bewusst zu fühlen. Das Vaterunser stehe dabei im Mittelpunkt. Jede Woche nehmen sich die Teilnehmer einen Vers mit in die Stille. Bis zum nächsten Treffen bekommen die Gruppenmitglieder eine Hausaufgabe. Sie sollen sich täglich 20 Minuten Zeit zum Meditieren nehmen.

Diese Übungen könnte man das ganze Jahr fortführen, sagt sie. Martin Luther habe täglich drei Stunden gebetet. Pfarrerin Geyer merkt aber, wie schwierig es ist, diesem Vorbild gerecht zu werden. Wenn das Meditieren nach der Fastenzeit erst mal wieder in Vergessenheit gerät, sollte man sich keine Vorwürfe machen, findet sie: "Es ist gut, wenn es uns auch nur manchmal gelingt, uns im Alltag zu erden."

© SZ vom 19.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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