Meine Woche:"Ich bin sehr streng"

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Martina Quirling. (Foto: Lukas Ullmann, TSV Neuried/oh)

Martina Quirling hält sich und andere durch Sport fit

Von Justus Wilke

Während des Lockdowns im Frühjahr stand Martina Quirling manchmal in ihrem Wohnzimmer und brüllte ihren Fernseher an: "Heb dein Bein!" Die Zeit sei ganz schön irre gewesen, sagt Quirling im Rückblick. Nur vier Tage, bevor in München alles dichtmachte, trat sie ihren neuen Teilzeit-Job als sportliche Leitung beim TSV Neuried an. Zusätzlich arbeitet sie als Übungsleiterin, sie gibt mehrere Gymnastik-Stunden in der Woche.

Nun sind bekanntlich einige Monate vergangen, und Quirling muss nicht mehr ihren Fernseher anschreien, sondern darf wieder in die Turnhalle nach Neuried. Sie sei "total high" nach den ersten Sportstunden gewesen, zu denen nun aber etwas weniger Teilnehmer kommen, wie sie feststellen musste. "Manche sind eben sehr vorsichtig", erklärt Quirling. Maximal dürfen 35 Sportler beim Kurs mitmachen, jeder mit einer eigenen Matte und ausreichend Abstand voneinander.

Quirling ist wahrscheinlich der Prototyp eines sportbesessenen Menschen. Das erklärt auch, weshalb sie täglich in einer Sporthalle steht, obwohl sie einen Doktor in Molekularbiologie hat. Ihre wissenschaftliche Karriere gab sie nach und nach auf, um sich voll ihrer Leidenschaft zu widmen: dem Sport. Sogar am Montag, an dem sie eigentlich keinen Kurs leitet, nimmt Quirling abends an einer Sportstunde der Kollegen teil. "Mein Mann sagt immer, an Tagen, wo ich nicht beim Sport war, bin ich weniger gut gelaunt."

Gut, dass Quirling die restliche Woche selbst Übungsleiterin sein darf. Mittwochabend kommt sie mit Turnmatte, Handtuch und einer Flasche Wasser in die Halle im Südwesten Münchens. Dort leitet sie 45 Minuten lang ein Cardio-Workout: Liegestütze, Kniebeugen und noch weitere Übungen, die den Puls quasi zum Explodieren bringen. "Das ist, glaube ich, mein anstrengendster Kurs", deshalb kämen dort eher jüngere Teilnehmer, sagt Quirling. Sie selbst hängt nach einer Viertelstunde Lüftungspause aber einen zweiten Kurs an: Bauch-Beine-Po, wo es besonders auf die Körperhaltung ankommt, die man in Quirlings Kurs lieber richtig macht. "Ich bin sehr streng in meinen Sportstunden und korrigiere gerne mal."

Am Donnerstag kümmert Quirling sich um die Büroarbeit in der Geschäftsstelle des Vereins. "Da muss ich dann nur kurz in die Halle runterspringen", weil sie einen Sportkurs für Senioren organisiert. Und so verstreichen die Wochen der Übungsleiterin, die sogar Weihnachten keine Pause will. Um fit für den Weihnachtsbraten zu sein, kann sie sich um 10 Uhr morgens einen Online-Kurs gut vorstellen; im Wohnzimmer, vor dem Fernseher. Was sich die Nachbarn wohl dabei denken werden?

© SZ vom 12.10.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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