Meine Woche:Geschichte im Maschinenhaus

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Roland Krack erinnert an die einst florierende Ziegelindustrie

Von Ulrike Steinbacher

Vor gut zehn Jahren war das Maschinenhaus eine Ruine: die Holzbalken morsch, das Dach vermodert, die Gleisrampe im Gestrüpp nur noch zu erahnen. Auf ihr waren einst die Loren mit Oberföhringer Lehm zum Beschicker im ersten Stock hochgezogen worden. Die zum Teil 100 Jahre alten Gerätschaften, mit denen italienische Ziegelpatscher jahrzehntelang in Schwerstarbeit den Baustoff für Münchens Häuser hergestellt hatten, sie rosteten alle noch in dem verfallenen Gebäude aus dem Jahr 1928 vor sich hin: die Transmissionsanlage, die die Maschinen in Gang setzte, der Kollergang zum Mahlen des Lehms, Maukteller und Feinwalzwerk, Portionierer und Vakuumpresse. Dass sie nicht beim Schrotthändler landeten, sondern in einer schmucken Maschinenhaus-Kopie, dass mitten im neuen Wohngebiet "Alte Ziegelei" ein Erinnerungsort für die einstmals florierende Münchner Ziegelindustrie entstand, das ist unter anderem Roland Krack zu verdanken.

2006 wurde das Gelände der ehemaligen Ziegelei Josef Haid zu Bauland. Auf das Maschinenhaus und auf sechs Trockenstadl für die ungebrannten Ziegel wartete die Abrissbirne. Doch dann setzte sich der Verein für Stadtteilkultur im Münchner Nordosten dafür ein, die Anlage zu erhalten. Nach einer stimmungsvollen Fotoausstellung unterschrieben über 1000 Münchner dafür, ein Andenken an die Ziegeleien zu bewahren. "Das war die Eintrittskarte", sagt der Vereinsvorsitzende Krack aus Johanneskirchen, heute 70 Jahre alt. "Ich hab' vor allem die Ämter drangsaliert", erinnert er sich. Mit Erfolg: Die Stadt änderte den Entwurf für das Wohngebiet, sodass Platz für das Maschinenhaus blieb, einer der Trockenstadl steht auch noch, und seit 2012 bietet der Verein Nordostkultur Führungen zu diesem Industriedenkmal an.

Die kostenlosen monatlichen Rundgänge, für die keine Anmeldung nötig ist, starten Anfang April, zu der Zeit, als früher die Ziegelsaison begann ( www.nordostkultur-muenchen.de/aktuelles). Am Freitag, 5. April, 15 Uhr, wird Roland Krack, der zum Führungsquartett gehört, seine Zuhörer zum ersten Mal in diesem Jahr am Trockenstadl, Zur Alten Ziegelei 15, treffen und ihnen eineinhalb Stunden lang von den miserablen Bedingungen erzählen, unter denen die Saisonarbeiter schufteten. Er wird berichten, dass es so ein kleiner bäuerlicher Familienbetrieb auf etwa eine Million Ziegel Jahresproduktion brachte, genug für eins der großen Wohnhäuser in Neuhausen oder der Maxvorstadt. Und er wird erwähnen, dass die große Lehmzunge im Osten in den Sechzigerjahren erschöpft war. "Dann ist die Betonzeit gekommen."

© SZ vom 01.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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