Meine Woche:Der langsame Zeichner

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Quint Buchholz hat sich in den vergangenen Monaten vermehrt auf seine Kunst konzentrieren können. (Foto: Claus Schunk)

Illustrator Quint Buchholz liest in der Blutenburg

Von Jutta Czeguhn

Riesige, grüne Fische ziehen am Fenster vorbei, sie schwimmen gleichmäßig und lautlos - bis auf ein sanftes, einlullendes Aquarium-Gluckern. Man kann das alles sehen, hören, fühlen. Quint Buchholz' () Bilderwelten haben die unwiderstehliche Eigenschaft, dass man nicht erst in einen Kaninchenbau fallen oder durch einen Spiegel treten muss, um dorthin zu gelangen. Ehe man auch nur daran denkt, eintreten zu wollen, ist man schon drin. Und alles Magische, die monumentalen Schnecken, die Birnen und Zitronen, so groß wie die Brocken von Stonehenge, die einsamen Löwen, all das erscheint vollkommen vertraut, als wäre man schon mal dort gewesen. Im Traum vielleicht. Am kommenden Dienstag, 21. Juli, liest der Münchner Illustrator bei der "Blutenburger Sommerbühne" aus seinem Buch "Vom Glück der Langsamkeit" und wird Räume des Zur-Ruhe-Kommens öffnen. Eingeladen hat ihn die Internationale Kinder- und Jugendbibliothek, die mit ihren Kooperationspartnern bis zum 6. September Spaß und Kultur in die alten Schlossmauern bringt.

Man erreicht Quint Buchholz am Telefon in seinem Atelier in Haidhausen, wo all die zaubervollen Bilder entstehen. Überpünktlich zur verabredeten Stunde hat man seine Nummer gewählt. Und er sagt nur lachend: "Ich hab' gar nicht auf die Uhr geguckt." So bremst man die hektische Presse auf charmante Weise aus und ist auch schon mitten drin im Thema: Zeit, die wie eine Schnecke kriechen darf, Müßiggang, dieses schöne, alte Wort. In den Bildern des Buches, aus dem der Maler im beschaulichen Hof der Blutenburg lesen wird, "ist keine Geschwindigkeit". So hat es ihm Elke Heidenreich ins Vorwort geschrieben, mit der zusammen der Künstler schon etliche Projekte verwirklicht hat. Auch für den Welterklärer Stephen Hawking, der die Unendlichkeit einst in "Eine kurze Geschichte der Zeit" fasste, hat der Illustrator schon gearbeitet.

Doch wie steht es mit der Zeit im Leben des Quint Buchholz, Jahrgang 1957? Wieder lacht er und berichtet dann mit seiner ruhigen Stimme. Es sei ihm wie wohl vielen Menschen ergangen, Corona habe auch bei ihm auf die Bremse getreten. "Das Leben hat sich schon verändert, alle Lesungen, die ich geplant hatte, dazu eine Ausstellung und ein Illustratoren-Workshop haben nicht stattgefunden." Zwei Bücher, erzählt Buchholz, habe er im Frühjahr herausgebracht, "was für einen langsamen Zeichner wie mich sensationell ist". Und dann, zwei Wochen später waren die Buchhandlungen zu.

Keine verplante Zeit mehr, zunächst. Für viele Menschen eine ungewohnte, verstörende Situation. Für Quint Buchholz "eine große Wohltat". Zwar sei er selbst in den strengen Phasen des Lockdowns immer auch damit beschäftigt gewesen, mit Verlagen oder Kollegen zu kommunizieren oder neue Ausstellungen vorzubereiten (vom 8. November bis zum 13. Dezember in der Galerie Villa Maria in Bad Aibling). Aber letztendlich habe er sich in diesen Wochen doch viel mehr auf seine Kernarbeit, die Kunst, konzentrieren können. "Ich glaube, die grundsätzliche Herausforderung für uns alle ist es zu unterscheiden, welche Dinge sind wirklich wichtig und gehören zu mir." Das sei eine Dauerübung. Buchholz selbst Vater und Großvater, bewundert da seine kleinen Leser, die Kinder. "Die leben ganz im Jetzt, vertiefen sich nur in diese eine Sache und lassen sich fallen. Da können wir auf jeden Fall von ihnen lernen."

Lesung mit Quint Buchholz, 21. Juli, Innenhof des Schlosses, Juli Linden (Geige) und Anna Rehker (Cello), Beginn 20 Uhr, Schloss Blutenburg, es gibt nur noch Schönwettertickets zu sieben Euro unter: anmeldung@ijb.de . Schloss Blutenburg, Seldweg 15.

© SZ vom 20.07.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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