Megha Mittal bei Escada-Schau:Die Milliardärin und ihre Marke

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Bei der ersten Modenschau von Escada seit der Rettung schauen in München alle auf die neue Eigentümerin. Megha Mittal wirkt gelangweilt und verängstigt. Doch der Schein trügt, und zwar gewaltig.

Philipp Crone

Auf einmal wird es dunkel, alle verstummen. Der Showroom ist für einige Sekunden totenstill, manche sehen sich verängstigt um. Dann krachen Bassschläge aus den Boxen, Scheinwerfer gehen an. Der schwarz funkelnde Laufsteg wird sichtbar, an den Seiten je drei Sitzreihen mit etwa 500 Gästen aus der Modebranche.

Eigentlich ist das Kleid nur in Rot zu haben, Megha Mittal bekommt es auch in Amethyst. Im Großbild: Neben ihrem Ehemann Aditya auf der Escada-Modenschau in München. (Foto: Foto: Schellnegger)

Das erste Model betritt das Parkett, gekleidet in Escada Sport, der Winter-Kollektion 2010, und schreitet vorbei an einer zierlichen, bildschönen Frau in der ersten Reihe. Megha Mittal wirkt, eingeklemmt zwischen zwei Männern, auch ein wenig verängstigt. Aber dieser Schein trügt, und zwar gewaltig.

Die 33-Jährige ist Mutter zweier kleiner Kinder und verheiratet mit dem Mann rechts neben ihr, Aditya. Der ist der einzige Sohn von Lakshmi Mittal, indischer Stahlunternehmer und 13-facher Milliardär. Für etwa 60 Millionen hat seine Schwiegertochter Megha im November das insolvente Mode-Unternehmen Escada gekauft, als Spielzeug, behaupten manche. Eine gelangweilte Prinzessin macht auf Mode?

Zu dieser Theorie würde zumindest ihr Outfit am Montagabend in Aschheim passen. Das samtene Minikleid entstammt der neuen Kollektion, in der es eigentlich nur in Rot zu haben ist. Mittal bevorzugt Amethyst - ihr exklusives Exemplar wurde gerade noch fertig bis zur Show.

Zunächst schaut sich die ehemalige Goldman-Sachs-Analystin die ersten Objekte der Sportlinie fast teilnahmslos an. Lässige Long-Pullis mit Blockstreifen kombiniert mit türkisfarbenen oder senfgelben Stoffen? Uninteressant, Mittal starrt ins Leere. Erst als die ersten Kleider in Amethyst vorbeilaufen, ist sie so sehr bei der Sache wie ihr Nebenmann.

Escada-Chef Bruno Sälzer sitzt kerzengerade und blickt während der ganzen Show grimmig. Doch alles geht glatt, der ehemalige Boss-Mann ist erleichtert und erklärt: "Es geht uns bei dieser Kollektion um das haptische Gefühl." Sprich: Man soll schon sehen können, wie es sich anfühlen wird.

Im Video: In München hat die neue Eigentümerin Megha Mittal die aktuelle Kollektion der von ihr aus der Insolvenz geretteten Modemarke Escada präsentiert. Weitere Videos finden Sie hier

Im Foyer kann man anschließend schon riechen, wie es schmecken wird - nach Champagner und Garnelen oder nach Bier an der Bar, wo Kicker Philipp Lahm und Andreas Ottl ihre Eindrücke austauschen. Auch jetzt gibt sich Mittal scheu, weicht den Fotografen charmant aus und sagt nur kurz: "Ich war sehr aufgeregt, aber die Show war phantastisch: cool, modern, farbig." Fundiertes Fazit der "perfekten neuen Frontfrau", findet Sälzer und setzt sich neben sie zur zweiten Show, der für die Haupt-Kollektion.

Mittal beobachtet und beklatscht, vor allem die beiden Chefdesigner, die sich am Ende kurz zeigen. Dann geht sie hinter die Bühne und ist von den Models optisch nur dadurch zu unterscheiden, dass sie einen Kopf kleiner ist. Sie gratuliert allen mit freundlichem Lächeln.

Bei den Designern bleibt sie stehen. Das Lächeln verschwindet aus ihrem Gesicht. Sie wirbelt plötzlich mit den Armen, zeigt an ihre Hüfte, dreht sich, deutet auf Bilder, zeichnet Figuren in die Luft und spricht dazu mit ernstem Blick. Hier steht Megha Mittal jetzt als akribische Mode-Analystin, alles andere ist wohl nur Tarnung.

© SZ vom 20.01.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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