Rund 60 Fahrradstraßen gibt es bereits in München. Also jene Fahrbahnen, auf denen Fahrer von Motorrädern, Autos oder Lastwagen den Radlern Vorrang einräumen müssen, nebeneinander radeln ist ausdrücklich erlaubt, es gilt Tempo 30 für alle. In der Maxvorstadt gibt es die Regelung in einem Abschnitt der Adalbertstraße sowie in der Veterinärstraße. Nach dem Willen der Stadtviertelpolitiker soll nun eine 1,5 Kilometer lange Nord-Süd-Achse quer durchs Viertel zur Fahrradstraße werden: die Arcisstraße. Der Bezirksausschuss hat jetzt eine entsprechende Forderung an die Stadt gerichtet.
Die Arcisstraße reicht von der Kreuzung zur Brienner Straße bis zur Agnesstraße im Stadtbezirk Schwabing-West. Die Passage von und zum Alten Botanischen Garten tangiert den Königsplatz und durchkreuzt das Kunstareal; im nördlichen Abschnitt führt die Straße am Alten Nördlichen Friedhof vorbei und mündet in das Platzensemble am Elisabethmarkt. "Die Arcisstraße ist eine wichtige Verbindung zum Kunstareal sowohl für Fußgänger als auch für Radfahrer und könnte mit geringem baulichem und finanziellen Aufwand zeitnah umgesetzt werden", heißt es in dem Antrag, den die Grünen-Fraktion formuliert und zur Abstimmung gebracht hatte. Ruth Gehling (Grüne) rief in der Sitzung dazu auf, "mutig zu sein" und den Antrag zu unterstützen.
Die Velo-Förderung auf der Arcisstraße wird allerdings nicht von allen Stadtviertelvertretern gutgeheißen - im Gegenteil: Bei einem Abstimmungsergebnis von zwölf zu sieben Stimmen darf der Vorstoß als umstritten gelten. Die Angelegenheit sei weniger eine Frage des Mutes als der Vernunft, begann Karin Hiersemenzel (FDP) ihre Gegenrede: "Das ist eine Durchgangsstraße mit ausgebauten Fahrradwegen. Die Straße ist wunderbar, so wie sie ist." Sabine Thiele (Grüne) und auch Hans-Stefan Selikovsky (SPD) machten deutlich, dass es ihnen vor allem um den Abschnitt im Kunstareal geht.
Beide erinnerten an die schon lange andauernde Debatte darüber, das Straßensegment im Pinakotheken-Viertel unter dem Titel "Boulevard-Kunstareal" komplett für den motorisierten Verkehr zu schließen. "Ich sehe eine Fahrradstraße als letztes Mittel, um zumindest eine Geschwindigkeitsbegrenzung zu bekommen", sagte Selikovsky.
Damit spielte er auf das jahrelange Drängen des Gremiums und vieler Bürger an, dass die Stadt für Verkehrsentlastung im Museumsquartier sorgen soll. Als Erfolg wird dabei der Stadtratsbeschluss zur "Modifizierten Alternative 5" gewertet - der Behördenbegriff dafür, auf den zweispurigen Tangenten Gabelsberger- und Theresienstraße in Teilen die Einbahnregelung aufzuheben und den Zweirichtungsverkehr einzuführen. Doch wann dies umgesetzt wird, ist offen. Dennoch ist die geplante Neuregelung für Mathias Popp (SPD) das Hauptargument gegen den Fahrradstraßen-Antrag: "Die Arcisstraße wird durch den Zweirichtungsverkehr zwangsläufig stärker vom Verkehr belastet. Deshalb sehe ich das kritisch."
Gut möglich, dass die Straßenverkehrsbehörde im Kreisverwaltungsreferat (KVR) das ähnlich sieht. Grundsätzlich sei die Umsetzung vorstellbar, sagt KVR-Sprecher Johannes Mayer; man werde den Antrag prüfen, obgleich die Arcisstraße nicht auf der Liste potenzieller Fahrradstraßen stehe. Er bestätigt jedoch, dass nach Einschätzung der Behörde mit der Einführung der "Alternative 5" der Verkehr auf der Arcisstraße zunehmen wird: "Deshalb ist es wohl eher unwahrscheinlich, dass sie zur Fahrradstraße gemacht werden kann."
Womöglich identifiziert die Behörde jedoch andere mögliche Fahrradstraßen. Das Lokalgremium dringt in einem Ergänzungsantrag grundsätzlich darauf, die Stadt möge "in der Maxvorstadt mehr Fahrradstraßen ausweisen" und bittet darum, Vorschläge zu unterbreiten.