Maxvorstadt:Wege aus der Krankheit

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Joachim Hein ist Arzt und seit der Gründung des Münchner Bündnisses gegen Depression 2008 Vorsitzender des Vereins. (Foto: Bündnis gegen Depression)

Künstler wollen mit Aktion im Maximiliansforum auf das Thema Depression hinweisen

Interview von Stefan Mühleisen, Maxvorstadt

Mit der Kunstreihe "Infra-Beuys" wollen die Künstler Paul Huf und Lars Mentrup auf Schwachstellen in der Gesellschaft hinweisen. Nach einem Selbsterfahrungstrip als Obdachlose geht es bei Teil 2 am Samstag, 5. November, von 10 bis 22 Uhr beim Maximiliansforum um das Thema Depression. Dabei sollen die Teilnehmer auf Laufbändern einen "Dauerlauf gegen Depression" absolvieren; jeder erlaufene Kilometer geht als Geldspende an den Kooperationspartner, das Münchner Bündnis gegen Depression. Der Vorsitzende des Vereins, Joachim Hein, spricht über Sinn und Ziel der Aktion.

SZ: Ist eine Kunstaktion die geeignete Form, um das Thema Depression ins Bewusstsein der Öffentlichkeit zu rücken?

Joachim Hein: Kunst ist ein gutes Vehikel, um auf das Thema aufmerksam zu machen. Eine Aktion alleine reicht freilich für fundierte Aufklärung nicht aus. Aber immerhin erzeugen wir damit Aufmerksamkeit. Diese muss natürlich unterfüttert werden mit kontinuierlicher Aufklärungsarbeit.

In der Ankündigung der Künstler heißt es, Laufen sei das beste Mittel gegen Depression. Bedient das nicht verbreitete Vorurteile gegen an Depression Erkrankte? Viele glauben, die Betroffenen seien willensschwach und undiszipliniert.

Ihr Argument ist durchaus nachvollziehbar. Doch es geht um Bilder. Laufband und Laufen stehen dafür, dass die Gesellschaft und der Einzelne aktiv etwas gegen Depressionen tun können.

Die Aktion erscheint plakativ. Laut Ankündigung feuern Cheerleader die Läufer an. Da soll man wohl glauben: Depressive sollen sich mal zusammenreißen, ein wenig joggen, schon sind sie geheilt.

Natürlich können sich die Erkrankten nicht zusammenreißen; und ein bisschen joggen reicht nicht aus. Die Erkrankung betrifft rund sechs Millionen Menschen in Deutschland; es gibt republikweit jährlich mehr als 10 000 Suizide, die meisten gehen auf eine Depression zurück. Statistisch gesehen erkranken in München über 100 000 Menschen innerhalb eines Jahres. Es ist eine hochkomplexe Erkrankung. Noch mal: Bei dieser Aktion geht es darum, Bilder zu erzeugen, zu visualisieren, dass jeder auch aktiv und mit anderen zusammen etwas gegen diese Erkrankung tun kann. So hat das Laufen durchaus Symbolkraft.

Was also erhoffen Sie sich von der Aktion?

Unser Wunsch ist, ein Problembewusstsein für diese schwere Erkrankung zu schaffen. Depressionen sind mit Medikamenten und/oder Psychotherapie gut zu behandeln. Wichtig ist, dass frühzeitig und richtig behandelt wird. Ich werde dazu auch im Rahmen der Aktion am Samstag um 19 Uhr bei einem öffentlichen Interview über Wege aus der Depression sprechen. Im Anschluss wird es um 19.30 Uhr, wenn es nicht in Strömen regnet, eine Lesung von Betroffenen geben. Auch eine Lesung von Betroffen mit eigenen Texten ist geplant. Die Texte sind in unserer Schreibwerkstatt entstanden.

Wie setzen Sie die Spenden ein?

Wir haben in unserem Verein eine Laufgruppe von Betroffenen, die wir unterstützen. Zudem planen wir, ein Aufklärungsprojekt in Schulen zu starten. Denn Depressionen kommen auch im Kinder- und Jugendalter vor.

© SZ vom 04.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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