Maxvorstadt:Transparente Welt

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Nach 32 Jahren schließt Friederike Sauter ihre Galerie "First Glas"

Von Elena Butz

Der Raum ist voll von Durchsichtigem. In der Galerie "First Glas" von Friederike Sauter warten Kunstwerke aus Glas stumm darauf, dass ein Kenner sie entdeckt. Manche tragen bunte Formen in sich, andere haben eine kunstvoll gravierte Oberfläche, und alle haben eine Geschichte. Als Galeristin war es 32 Jahre lang Friederike Sauters Aufgabe, den Kunden die Geschichte ihrer Glasobjekte und der Künstler zu erzählen. Die ehemalige Finanzbeamtin hat junge Künstler entdeckt und gefördert. Nun geht die 74-Jährige in den Ruhestand und schließt ihre Galerie.

In einer der Vitrinen stehen Überfangbecher, in deren Oberfläche wie von Geisterhand schemenhafte Gestalten eingraviert sind. Den Künstler, Christian Schmidt, kennt Friederike Sauter schon, seit er Anfang zwanzig ist, erzählt sie. "Ich habe an ein paar Gravuren gesehen, dass er wirklich begabt ist", sagt Sauter. Eine einfache Glaskugel mit einem fütternden Vogel als Motiv hat sie von ihm gesehen und entschieden: "Der ist gut, um den muss ich mich kümmern." Er blieb nicht der einzige, der mit Friederike Sauters Hilfe den Einstieg in die Szene der Glaskunst schaffte.

"Ich arbeite sehr gerne mit jungen Menschen zusammen, weil man dann sehen kann, wie sie sich entwickeln", erzählt die Galeristin. Der junge Graveur Schmidt, heute ein vielfach ausgezeichneter Meister seines Fachs, war der erste, dessen Erstwerke sie in ihrer Galerie vorgestellt hat. Um ihnen eine Bühne zu geben, habe sie konsequent immer wieder Werke junger Künstler zwischen die Arbeiten der Etablierten "geschmuggelt", sagt sie.

Sie habe es mit einem besonders kulturell gebildeten Kundenkreis zu tun, sagt Friederike Sauter. Wer in ihre Galerie kommt, kennt sich oft schon gut mit Architektur, Malerei oder Skulpturen aus. "Das Glas ist etwas, was relativ spät kommt, wenn man sich schon in andere Richtungen eingearbeitet hat", ist ihre Erfahrung. Bei den Künstlern ist es Sauter zufolge genau so. Einer, dessen Werke in ihrem Ausstellungsraum an der Heßstraße auffallen, ist Lubomir Ferko. Dass der renommierte Glaskünstler aus der Slowakei einmal Bildhauer war, sieht man seinen Werken noch an, wie Friederike Sauter zeigt. Die Objekte haben schroffe Kanten, als seien sie aus Stein gemeißelt. "Da sieht man den Werdegang der Künstler", erklärt Sauter. Bei einer Arbeit sind im Glas Schnipsel von heiligen Texten verschiedener Religionen eingeschmolzen, bei einem anderen Objekt hat Lubomir Ferko ein Stück Originalnotenpapier eines Mozartkonzerts auf Glasfolie übertragen und vom Glas einschließen lassen.

"Mich hat als Kind schon fasziniert, was transparent war", sagt Sauter. "Wenn ich mir was wünschen konnte, war es immer etwas Transparentes, das sich mit dem Licht verändert." Nach 14 Jahren als Finanzbeamtin entschied sie sich, diese Leidenschaft zum Beruf zu machen. "Es war einfach dieser Wunsch nach einer kreativen Tätigkeit", erzählt sie. "Und nachdem ich schon früh als Kind Interesse an Glas hatte und etwas mit Glas zu tun haben wollte, habe ich mir diesen Wunsch erfüllt." Die Entscheidung, nun in den Ruhestand zu gehen, ist der Galeristin nicht leicht gefallen, denn mit ihren Künstlern und Stammkunden haben sich über die Jahre Freundschaften entwickelt. "Ich schiebe das jetzt schon einige Zeit vor mir her", sagt sie nachdenklich. Ein Trost: Friederike Sauter wird nun viel Gelegenheiten haben zu reisen, und ihre Künstlerfreunde im Ausland endlich einmal zu besuchen.

Die "First Glas"-Galerie, Heßstraße 58, hat am Freitag, 30. November zum letzten Mal geöffnet.

© SZ vom 13.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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