Maxvorstadt:Spaziergang als städtebauliches Erlebnis

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Prunkvoll: Nicht nur von außen, auch innen - hier die Treppe in der Bayerischen Staatsbibliothek - ist die Ludwigstraße eine monumentale Anlage. (Foto: Allitera Verlag)

Ein neuer Fotoband schreitet die prachtvolle Ludwigsstraße Bauwerk für Bauwerk ab

Von Stefan Mühleisen, Maxvorstadt

Das Hobby seines Thronfolgers ging König Max I. Joseph gehörig auf die Nerven. "Mein verrückter Sohn will wieder Geld ausgeben, dessen bin ich mir sicher, um alten Plunder zu kaufen, und er hofft, dadurch Griechen und Römer aus dieser Rasse von Biertrinkern zu machen", beschrieb er in einem Brief die Kunstbesessenheit des späteren Monarchen Ludwig I. und dessen Drang, die Münchner für die schönen Dinge zu begeistern. Dazu zählte auch die Architektur - und schon als Kronprinz leierte er dem Papa 1817 einen Haufen Geld und die Erlaubnis heraus, die Stadterweiterung nach Norden voranzutreiben. Er hatte dafür einen Baumeister, Leo von Klenze, gefunden. Und der Thronanwärter verlangte von ihm neben Kunsttempeln wie der Glyptothek auch eine Prachtstraße, die ihrerseits ein Gesamtkunstwerk werden sollte - und die seinen Namen tragen wird: die Ludwigstraße.

Es entstand über mehrere Jahrzehnte eine außergewöhnliche, quasi reine Architekturstraße von nahezu singulärem Rang; als vergleichbar homogene Monumentalanlagen nennen Experten die Theaterstraße in St. Petersburg oder die Regent Street in London. Ein zeitlos bedeutungsvoller Boulevard also, dem man durchaus einen Fotoband widmen kann, wie es der Allitera-Verlag nun mit dem Buch "Die Ludwigstraße. Münchens königliche Prachtstraße" (29,90 Euro) tut.

Texte und Bilder stammen von Werner Ebnet, der seinen Ruhestand als Kaufmann rührig für kulturgeschichtliche Projekte nutzt. Zuletzt war ihm ein beachtenswertes Buch mit Kurzbiografien Münchner Persönlichkeiten gelungen. Das Werk über die Ludwigstraße ist aber nur fast so rund geraten, wie das Personen-Lexikon.

Das Buch schreitet die Ludwigstraße ab, von Süden nach Norden, von der Feldherrnhalle bis zum Siegestor, Hausnummer für Hausnummer. Kurz und bündig, mit Sinn für das Wesentliche, stellt Ebnet die Historie und die Bedeutung der einzelnen Bauten dar. Er führt die Leser etwa durch die Hofgartenarkaden, lenkt den Blick auf die Wandfresken oder auf Details wie das Putto-Relief, eine Allegorie der Landwirtschaft, im Bogenzwickel des Hofgartentors. Es geht hinein ins prächtig ausgestattet Herzog-Max-Palais, wo übrigens Sisi, die spätere Kaiserin Elisabeth von Österreich, geboren wurde, weiter zur ehrwürdigen Bayerischen Staatsbibliothek mit ihren lichtdurchfluteten Säulengängen; Haus für Haus, hinein und hinaus, Ludwigskirche, LMU-Gebäude, Ministerialbauten: ein erlesen bebilderter Fotoband, der das kunstvoll konzipierte städtebauliche Erlebnis einfängt, welches die Ludwigstraße zu bieten vermag.

Schade dabei ist nur, dass Ebnet sich bei der Gesamteinordnung dieser herausragenden Baukunstanlage arg knapp hält. Es gibt genug Literatur über die architektonischen Feinheiten der Ludwigstraße, etwa die fabelhaften Axialbezüge zwischen Theatiner- und Ludwigskirche, überhaupt die symmetrischen Entsprechungen, welche den wandhaft geschlossenen Charakter dieser Chaussee ermöglichen. Es wäre sicher ein Leichtes für den ausgezeichneten Rechercheur Ebnet gewesen, dies gewohnt komprimiert darzulegen. Es hätte nur ein paar Textseiten mehr gebraucht - und das Buch wäre mehr als ein kommentierter Fotoband.

© SZ vom 22.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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