Maxvorstadt:Schlägereien im Klosterhof

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Im Haneberghaus in St. Bonifaz versorgt die Obdachlosenhilfe mit Leiter Frater Emmanuel Rotter (rechts) täglich bis zu 250 Menschen. (Foto: Robert Haas)

Die Obdachlosenhilfe in St. Bonifaz hat einen Wachdienst engagiert, weil es immer wieder Auseinandersetzungen mit Dealern und Rauschgiftsüchtigen gibt. Die Drogenszene verlagert sich vom Hauptbahnhof Richtung Königsplatz

Von Stefan Mühleisen, Maxvorstadt

Kaum bemerkt von der Öffentlichkeit hat die Obdachlosenhilfe im Haneberghaus in der Klosteranlage St. Bonifaz an der Karlstraße vor einem halben Jahr einen Sicherheitsdienst engagiert. Der Grund waren indes nicht die Obdachlosen, sondern eine aggressiv agierende Drogenszene, welche die Klosteranlage gewissermaßen als eine Art Rückzugsort entdeckt hatte. "Glücklich sind wir nicht darüber, aber es geht nicht anders", wie der Leiter der Obdachlosenhilfe, Frater Emmanuel Rotter, resümiert. "Wir müssen die Mitarbeiter und die Obdachlosen schützen."

Es zeigte sich nun allerdings, dass die Kosten für den einen Wachdienstmitarbeiter, der täglich zwischen sieben und 13 Uhr anwesend ist, im laufenden Jahr nur für vier Monate vom städtischen Sozialreferat abgedeckt sind. Die Finanzierungslücke schließen jetzt zwei politische Lokalgremien aus ihrem Stadtviertelbudget: Der Bezirksausschuss Maxvorstadt deckt mit 11 400 Euro zwei Monate ab, der Bezirksausschuss Schwabing-West mit 7600 Euro zwei Monate; den Rest stemmt St. Bonifaz selbst. Frater Emmanuel Rotter zufolge hat das Sozialreferat bereits signalisiert, für das kommende Jahr die Gesamtkosten übernehmen zu wollen.

Die Obdachlosenhilfe in St. Bonifaz gibt es seit 29 Jahren; im Jahr 2001 wurde das Haneberghaus eröffnet. Emmanuel Rotter, den alle nur Frater Emmanuel nennen, und sein Team empfangen täglich bis zu 250 bettelarme Menschen, die dort eine Mahlzeit bekommen, sich aufwärmen und von Ärzten auch medizinisch behandeln lassen können. Es gibt Duschen und eine Kleiderkammer.

Doch im Herbst vergangenen Jahres tauchten plötzlich Drogenabhängige und Dealer im Hof der Benediktinerabtei auf. Es waren jene, da ist sich Frater Emmanuel sicher, die sich zuvor rund um den Münchner Hauptbahnhof im Dunstkreis der Trinkerszene getummelt hatten - und nach dem strikten Alkoholbann und konsequentem Vorgehen gegen Drogendealer und -konsumenten St. Bonifaz als Ausweichort wählten. Manchmal seien es 15, manchmal 30 Personen gewesen, die sich zumeist in den Nischen der Anlage aufhielten. Manche hätten sich Spritzen gesetzt, andere Drogen geraucht. "Wir wurden der Sache nicht mehr Herr", sagt Frater Emmanuel.

Nach seinen Worten verhielten sich die von Drogen Berauschten hysterisch, auch aggressiv. Es sei zu Schlägereien gekommen, verbalen Auseinandersetzungen. Vielfach hätten sich Obdachlose und auch Mitarbeiter bedroht gefühlt, einige Male sei die Polizei gerufen worden. Die Situation sei nur mit einem Wachdienst in den Griff zu bekommen gewesen, erzählt Frater Emmanuel. Man entschied sich für die gleiche Firma, die auch bei Bahnhofsmission und Münchner Kälteschutz im Einsatz ist. "Der Mann war da, und schon war Ruhe eingekehrt", berichtet er erleichtert.

Schon seit Längerem ist bekannt, dass sich Dealer, Suchtkranke und Kleinkriminelle vom Hauptbahnhof hin zum Königsplatz-Umfeld orientiert haben. Im Dezember 2017 registrierte das Polizeipräsidium München am Königsplatz bereits vermehrt "Personen, die unter dem Einfluss psychotroper Substanzen stehen". Offensichtlich Drogensüchtige fielen in der Glyptothek mit aggressivem Verhalten auf. "Bedingt durch die Umgestaltung des Bahnhofsbereichs sowie nahe gelegener kostengünstiger Verkaufsstellen für alkoholische Getränke ist der Bereich Königsplatz/Karlstraße für den regelmäßigen Aufenthalt diesbezüglich orientierter Personen attraktiver geworden", bestätigt ein Polizeisprecher.

Der Sicherheitsreport der Münchner Polizei weist für 2018 einen Rückgang der Kriminalität im Inneren des Hauptbahnhofs um 17 Prozent im Vergleich zum Vorjahr aus - zeigt aber auch einen deutlichen Anstieg um 13 Prozent in den Straßenzügen nördlich des Hauptbahnhofs um den Alten Botanischen Garten. "Dem wird mit der Ausweitung gezielter Kontrollen entgegengewirkt", heißt es vom Polizeipräsidium. Auf erkennbare Verdrängungseffekte könne mit Kontrollmaßnahmen sowie einer Ausweitung des Kontrollbereichs schnell und flexibel reagiert werden.

© SZ vom 20.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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