Maxvorstadt:Nachts sollen die Toten ihre Ruhe haben

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SPD und CSU setzen sich im Bezirksausschuss Maxvorstadt mit ihrer Forderung durch, den Alten Nordfriedhof nur tagsüber zu öffnen. Sie wollen so die Auswüchse der Partykultur bekämpfen

Von Stefan Mühleisen, Maxvorstadt

Jogger traben über die Wege, Radler düsen vorbei an Faulenzern, die mit nacktem Oberkörper im Gras dösen. Auch Kindergeburtstage finden hier statt, zudem fröhlich zechende Grill-Runden. Klingt nach Alltag im Englischen Garten? Richtig, allerdings geht es so auch mitunter auf dem Alten Nordfriedhof an der Arcisstraße zu. Das Gräberfeld ist eine beliebte Freizeitoase in der dicht bebauten Maxvorstadt - und zwar rund um die Uhr. Seit Langem missbilligt der Bezirksausschuss immer wieder pietätloses Verhalten auf dem Friedhof. Jetzt hat das Gremium mit knapper Mehrheit einen Maßnahmenkatalog zum "Schutz des Alten Nördlichen Friedhofs" beschlossen, wie ein Antrag der SPD überschrieben ist. Die wichtigste Forderung: Die Stadt soll den Friedhof nachts schließen.

Der Alte Nordfriedhof wurde zwischen 1866 und 1869 nach den Plänen von Architekt und Stadtbaurat Arnold Zenetti angelegt. Seit 1944 gibt es hier endgültig keine Bestattungen mehr; 9000 Familiengräber wurden im Zweiten Weltkrieg zerstört, übrig blieben rund 850 Grabstellen mit teils bedeutenden Denkmälern.

Die städtische Friedhofsverwaltung hatte zuletzt vor vier Jahren eine Informationskampagne gestartet, um Auswüchse der Partykultur auf dem denkmal- und naturschutzrechtlich geschützten Friedhof zu verhindern. Dabei wurde von Verbotsschildern abgesehen - es sollte eher darum gehen, angemessenes Verhalten zu ermutigen. Dafür wurden an den vier Eingängen Info-Stelen aufgestellt, die deplatziertes Benehmen auflisten; Flyer und Broschüren weisen auf die Bedeutung des Friedhofs hin. Die neuerliche Schutz-Offensive ist im Bezirksausschuss allerdings umstritten. Grüne und FDP stemmten sich am Dienstag - vergeblich - gegen das von der SPD formulierte Aktionsbündel.

Dieses sieht vor, dass die Stadt den Friedhof nachts zusperrt - so wie dies auch am Alten Südfriedhof gemacht wird. Die Grabmalbestandteile seien diebstahlgefährdet und zum Teil schon verschwunden, heißt es zur Begründung in dem Papier. "Dann haben die Tiere nachts auch mal ihre Ruhe vor irgendwelchen Partys", ergänzte Felix Lang (SPD). Ferner dringt die Initiative auf eine bessere Beschilderung, "damit Besucher klarer erkennen können, was geht und was unerwünscht ist", wie es in dem Antrag heißt. Überdies wünschen sich die Stadtviertelpolitiker ein Konzept, um Graffiti und Schmierereien an den Friedhofsmauern zu verhindern.

Mehrere Grünen-Politiker warben dafür, den Antrag zurückzuziehen. Als "kleinkrämerisch" bezeichnete Ruth Gehling das Papier. "Wir leben in einer Großstadt, da gibt es überall Graffiti. Wenn das unsere einzigen Themen sind, dann können wir aufhören." Ihr Fraktionskollege Richard Weiss sprach sich klar gegen eine nächtliche Schließung aus. "Mehr Gelassenheit würde hier nicht schaden", sagt er. Doch mit zwei Stimmen Mehrheit boxten SPD und CSU den Antrag durch.

Die städtische Friedhofsverwaltung hält sich mit einer Bewertung bedeckt, ob sie eine nächtliche Schließung der Anlage für sinnvoll hält. "Es war bisher der ausdrückliche Wunsch des BA, aber auch der Polizei vor Ort, dass der Alte Nördliche Friedhof auch nachts geöffnet bleibt", teilt eine Sprecherin mit. Sie berichtet zudem, den Städtischen Friedhöfen München seien keine Diebstähle oder Beschädigungen an den Grabstätten des Alten Nordfriedhofs bekannt. Weder bei den jährlichen Kontrollen der Grabmale noch bei Ortsbesichtigungen oder Führungen seien solche Vorkommnisse festgestellt worden.

© SZ vom 15.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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