Maxvorstadt:Amerikas offene Wunde

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Studenten zeigen eine Ausstellung über Rassismus in den USA und die "Black Protest"-Bewegung

Von Jana Heigl, Maxvorstadt

Spätestens seit der 18-jährige Michael Brown 2014 von Polizisten in Ferguson im US-Bundesstaat Missouri erschossen wurde, ist "Black Protest" auch in Deutschland wieder in den Medien. Unter dem Motto "Black Lives Matter" gehen in den Vereinigten Staaten Menschen gegen Polizeigewalt, anhaltende Diskriminierung und Rassismus auf die Straße.

Studenten des Amerika-Instituts an der Ludwig-Maximilians-Universität haben sich nun, auch kritisch, mit dem Thema Black Protest auseinandergesetzt. "Es ist so wichtig, heute wieder zu merken, dass diese Black-Lives-Matter-Bewegung nicht aus dem Nichts entstanden ist", sagt Bärbel Harju, Dozentin am Amerika-Institut, "sondern, dass es da immer schon eine Bürgerrechtsbewegung gab, die nie aufgehört hat zu existieren." Harju hat das Projekt zusammen mit Ernest Butler und Penelope Kemekenidou angestoßen.

Bei den Studenten ist dieses Konzept gut angekommen. Insgesamt 33 von ihnen arbeiten unter anderem an Oral-History-Projekten, analysieren ikonische Bilder der Bürgerrechtsbewegung oder beschäftigen sich mit "Black Humor". Die Ergebnisse ihrer Arbeit stellen sie von Mittwoch, 19. Juli, bis Freitag, 21. Juli, im Amerikahaus an der Barer Straße 19 a in einer "Black Protest Pop-Up-Exhibition" aus. Quasi als Rahmenprogramm zur aktuellen Schau "John F. Kennedy's Life and Times - American Visionary. Von 17 Uhr an gibt es an den drei Tagen Führungen der Studenten durch die Ausstellung, eine Podiumsdiskussion, Live-Musik und auch eine Vorführung des Films "I Am Not Your Negro" von Raoul Peck.

Dozenten und Studenten des Amerika-Instituts: (von links) Ernest Butler, Emmylou Hoffmann, Bärbel Harju, Julian Mühlfellner und Isabel Spoerl haben sich mit der Bürgerrechts-Bewegung auseiandergesetzt. (Foto: Robert Haas)

Die Präsentation ihrer Projekte ist durchaus professionell. Mithilfe von iPads können sich Besucher durch die verschiedenen Projekte klicken. Studentin Katharina Engels etwa lenkt den Fokus in ihrem audio-visuellen Projekt "Unknown Voices" auf Aktivisten von den 1940er Jahren bis heute, die nicht die Berühmtheit von Martin Luther King jr. oder Malcolm X erlangt haben. In Kooperation mit dem Münchner Ausbildungssender M 94.5 hat sie deren Geschichten vertont. Eine Studentengruppe gestaltet drei Zeitleisten, die verschiedene Aspekte des Black Protest behandeln. Durch diese Installationen am Boden wird der Besucher durch die Schau geführt und kann die Ereignisse der Protestbewegung zeitlich einordnen.

Ein Highlight dieser Schau ist die Zusammenarbeit der Münchner Studenten mit Ernest Butler. Butlers Vater war in den 1940er Jahren ein wichtiger Aktivist im US-Bundesstaat Indiana und Teil der Bürgerrechtsbewegung. Butler selbst ist mit der US-Army nach Deutschland gekommen. Er ist heute Dozent am Amerika-Institut und außerdem der Basketballtrainer von Organisatorin Harju - mit ein Grund, warum sie ihn für dieses Projekt gewinnen konnte. "Für mich war es so schön, bei diesem Projekt mitzumachen, weil ich den Eindruck hatte, dass viele Menschen in Amerika dachten, die Bürgerrechtsbewegung sei mit der Wahl Obamas zum Präsidenten vorbei", sagt Butler. "Das stimmt einfach nicht."

Die Bürgerrechts-Bewegung hat ikonische Bilder hervorgebracht. (Foto: privat)

Um Butlers Vergangenheit adäquat aufarbeiten zu können, haben ihn die Studenten Isabel Spoerl und Julian Mühlfellner zum Teil eines Oral-History-Projekts gemacht: Sie führten Interviews, die sie dann auswerteten. Der Schwerpunkt ihres Themas war die Erfahrung von Afroamerikanern in der US-Army. "Die Behandlung der Schwarzen im Militär hat immer eine große Rolle gespielt innerhalb der Civil-Rights-Bewegung", sagt Mühlfellner. Sie kämpften im Ersten und im Zweiten Weltkrieg, für Frieden und Gerechtigkeit. Dann kamen sie nach Hause, wo sie ihren eigentlichen Kampf kämpfen mussten - und zwar den gegen den allgegenwärtigen Rassismus im Land. Das war oft ein Schock, zumal Afroamerikaner in der Army oft besser behandelt wurden als zu Hause. "Während das Militär schon 1948 desegregiert wurde, kam das für alle anderen sehr viel später", sagt Mühlfellner.

Obwohl die Ausstellung an vielen Stellen in die Tiefe geht, werden sich auch jene Besucher, die sich mit der amerikanischen Geschichte und der Black-Protest-Bewegung noch nicht näher befasst haben, in der Ausstellung gut zurechtfinden. Bei der Podiumsdiskussion am 20. Juli soll außerdem herausgestellt werden, wie sich Black Protest auch in Deutschland äußert. "Ich finde das ganz interessant, wenn Deutsche über Black Protest nachdenken, dann denken sie sofort an die USA, an Polizeigewalt und so weiter", sagt Bärbel Harju. "Aber es ist in Deutschland eigentlich auch ein großes Thema. Das wird oft vergessen."

Black Protest: Pop-up-Exhibition, Amerikahaus, Barer Straße 19 a, 19. und 20. Juli von 17 bis 21 Uhr, 20. Juli von 17 bis 23 Uhr. Eintritt frei. Näheres unter www.amerikanistik.uni-muenchen.de.

© SZ vom 15.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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