Maximo Park in München:Retrospektiv nach vorne

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Die Indie-Helden Maximo Park sind auf Clubtour, um ihr neues Album vorzustellen. In München berauscht sich die Band allerdings an längst vergangenen Tagen.

Michael König

Ein besonders intimer Gig sollte es werden, und so war es nur konsequent, dass sich vereinzelte Bandmitglieder schon vor Konzertbeginn von ihrer gemütlichen Seite zeigten: Mit nacktem Oberkörper und offenen Jeans hinter den halb geöffneten Jalousien des Tourbusses.

Paul Smith: Der passionierte Hutträger kommt in seinem Bühnenverhalten einer sympathischen Mischung aus "Clockwork Orange" und Otto Waalkes recht nahe. (Foto: Foto: ap)

Maximo Park sind auf Clubtour in Europa, um ihr drittes Album vorzustellen, das im Mai veröffentlicht werden soll. In München machen sie in der Registratur Station. Nach "A Certain Trigger", inzwischen ein Standardwerk im Indie-Postpunk-Plattenfach, und dem hitträchtigen Nachfolger "Our Earthly Pleasures" (Platz vier der deutschen Albumcharts) ist die Fallhöhe beträchtlich.

Schwieriger Umgang mit Ruhm

Andere Bands aus dem Vereinigten Königreich machten vor, wie schwierig der Umgang mit dem Ruhm sein kann: Die Arctic Monkeys veröffentlichten nach dem wütenden "Whatever People Say I Am That's What I'm Not" ein Werk mit hohem Schalala-Faktor; Bloc Party wurden nach "Silent Alarm" von Album zu Album experimentierfreudiger und stellten die Fans zuletzt mit dem elektronisch geprägten "Intimacy" auf die Probe.

Sich zwanghaft neu zu erfinden, haben Maximo Park erfolgreich vermieden. Die neuen Songs klingen wie die alten - und haben ein ähnliches Hitpotential. Allen voran "The Kids Are Sick Again", mit dem das Konzert in München eröffnet wurde, sowie "Another World". Vorausgesetzt, sie wirken auf dem Album frischer als in der ausverkauften Registratur. Dort hinterließ die Band zunächst den Eindruck, sie habe die Gemütlichkeit aus dem Tourbus auf die Bühne übertragen.

Apathisch schrummelten Gitarrist Duncan Lloyd und Bassist Archis Tiku die Melodien dahin. Sänger Paul Smith hatte zwischenzeitlich mit einem Hustenanfall zu kämpfen; bei "Our Velocity" musste die Band ein zweites Mal ansetzen, weil aus den Boxen zunächst Fahrstuhlmusik geklungen war.

Leicht angestaubt

"Das war die Jazzversion", frotzelte Smith, der die Lethargie seiner Nebenleute durch besonders verstörte Blicke und wilde Gesten auszugleichen versuchte. Der passionierte Hutträger kommt in seinem Bühnenverhalten einer sympathischen Mischung aus "Clockwork Orange" und Otto Waalkes recht nahe. Er tut dies so ausdauernd, dass er als Sportler dringend dopingverdächtig wäre.

Die übrige Besetzung des Quintetts aus Newcastle wartete mit der Leistungsexplosion, bis vertraute, um nicht zu sagen leicht angestaubte Titel auf der Playlist auftauchten. Retrospektive war Trumpf: Bei "Once a Glimpse" bewegten Lloyd und Tiku erstmals nicht nur die Hände und Arme. Erst bei der Zugabe "Apply Some Pressure" passte sich die Band dem Publikum an und feierte ausgelassen. Beide Lieder wurden 2005 veröffentlicht.

Smith nutzte den Auftritt in München, um den Titel des neuen Albums zu verkünden, um den Maximo Park lange ein Geheimnis gemacht hatten. Angesichts der Reserviertheit, mit der die Band die neuen Songs präsentierte, ist er womöglich als frommer Wunsch zu verstehen: "Quicken The Heart" - beschleunige das Herz.

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