Marko Pesic:"Wir haben eine Barriere überwunden"

Lesezeit: 4 min

Nach dem Pokalsieg der FC-Bayern-Basketballer spricht Geschäftsführer Marko Pesic über die Ausgeglichenheit im Team, freie Köpfe - und das Triple.

Interview von Ralf Tögel

Ein halbes Jahrhundert mussten sich die FCB-Basketballer gedulden, ehe sie diese Trophäe erneut in die Luft stemmen durften: Am Sonntag gewannen die Münchner nach 1968 den Pokalwettbewerb zum zweiten Mal. Ein Triumph, der den Klub längst nicht zufrieden stellt, wie Geschäftsführer Marko Pesic bekräftigt.

SZ: Es war eine lustige Heimfahrt aus Neu-Ulm, hört man.

Marko Pesic: (lacht) Habe ich auch gehört, ich bin selbst mit dem Auto heimgefahren, weil ich noch die zweite Halbzeit vom Spiel meines Vater sehen wollte ...

der wieder Trainer in Barcelona ist ...

... genau.

Auch ihr Vater hat den Pokal gewonnen, ein Feiertag für die Familie Pesic. Apropos, war es eine lange Nacht?

Wir haben uns alle getroffen, das ganze Team, alle von der Geschäftsstelle, es war eine kleine, aber lange und intensive Feier.

Jetzt ist Nationalmannschaftspause, gibt es ein paar freie Tage?

Bis Donnerstag. Ich glaube, es ist wichtig, nach so einem anstrengenden Wochenende die Köpfe freizubekommen. Es waren zwei bedeutende Spiele, das kostet Kraft, da ist etwas Entspannung schon nötig.

Wann hat sich Uli Hoeneß gemeldet?

Er hat es direkt nach dem Spiel versucht, aber da konnte ich wegen der Siegerehrung nicht rangehen. Wir haben kurz danach telefoniert, er hat sich richtig gefreut. Ich glaube, es ist auch für ihn eine Bestätigung seiner Unterstützung.

Zumal es in den vergangenen Jahren knapp nicht gereicht hat.

Aber wir haben nie aufgegeben, immer weiter gekämpft und der Verein hat Geduld bewiesen und uns weiter unterstützt.

Nimmt der Titel Druck von der Abteilung?

Ich weiß nicht, ob Druck das richtige Wort ist. Wir sind einfach glücklich und erleichtert. Vielleicht wollten wir es in der Vergangenheit zu sehr und haben uns in den entscheidenden Phasen selbst gebremst.

Es war auch in Neu-Ulm nicht einfach.

Schon im Viertelfinale gegen Bamberg schien das Spiel verloren, das Halbfinale gegen Gastgeber Ulm war schwer und im Finale gegen Berlin waren wir fast klinisch tot. Und doch hat das Team immer einen Weg gefunden, zu gewinnen. Wie wir den Titel geholt haben, zeigt auch, dass wir noch viel Potenzial haben.

Der Pokalsieg als eine Art Dosenöffner?

Vielleicht haben wir jetzt wirklich eine Barriere überwunden, was uns das Selbstvertrauen gibt, noch besser zu spielen.

Man konnte den Eindruck gewinnen, vom Trainer ist eine Tonnenlast abgefallen.

Klar, er hat immer gesagt, dass er nach München gekommen ist, um Titel zu gewinnen. Jetzt ist es passiert, es war emotional und nervenaufreibend. Von außen zusehen zu müssen, das war schon hart.

In den vergangenen beiden Jahren sind sie knapp gescheitert, was war heuer anders?

Zunächst sind die Spieler, die im Vorjahr dabei waren, ein Jahr erfahrener. Ich will jetzt nicht groß philosophieren nach so einem Sieg, aber wenn man hart arbeitet und niemals aufgibt, dann zahlt sich das irgendwann aus.

Hat sich auch die Tiefe des Kaders einmal mehr ausgezahlt?

Ich denke schon, Braydon Hobbs hat uns mit seinem verrückten Dreier zurückgebracht, Vladimir Lucic konnte nach dreieinhalb Monaten Pause Kräfte im Kopf freischalten. Oder Maik Zirbes im vierten Viertel: Er hat zwar nicht viel gepunktet, aber so viele kleine Dinge richtig gemacht. Und natürlich ein überragender Jared Cunningham, der jetzt schon zeigt, was er kann. In dieser Mannschaft findet immer irgendeiner einen Weg, wie Nihad Djedovic im Viertelfinale in der Schlussphase. Diese Mannschaft gibt dir einfach das Vertrauen, dass sie immer eine Lösung findet.

Trotzdem bleibt Luft nach oben, was ist noch zu erwarten?

Mein Freund Matthias Sammer hat mal zu mir gesagt, im vermeintlichen Gefühl des Sieges macht man die größten Fehler. Wir werden uns jetzt noch einen Tag freuen, feiern und erholen - aber wenn wir am Donnerstag zum Training kommen, muss allen klar sein, dass wir weiter daran arbeiten müssen, uns zu verbessern. Das Potenzial ist ja augenscheinlich da.

Mahnende Worte im Moment des Triumphs?

Ich will jetzt keine Spaßbremse sein, aber das ist ein ganz wichtiger Punkt. Im Eurocup und in der Bundesliga müssen wir uns im letzten Drittel der Saison steigern, um noch einen Titel zu gewinnen.

Dafür ist eine Verstärkung angedacht?

Die Mannschaft ist intakt und funktioniert, Lucic kommt langsam zurück, er hat in der entscheidenden Phase auf der Position vom verletzten Milan Macvan gespielt und das sehr gut, das ist also eine Option. Wir sind auf den Außenpositionen mit Reggie Redding, Cunningham und Hobbs gut aufgestellt. Stefan Jovic muss spielen und in den Rhythmus kommen, das sind schon sechs Ausländer. Im Eurocup darf kein weiterer Spieler mehr spielen, für die Liga haben wir Zeit bis Ende März. Sportdirektor Daniele Baiesi ist auf dem Markt und hat einen guten Überblick. Wir beobachten also und setzen uns mit dem Präsidenten zusammen und überlegen, was wir machen.

Marko Pesic, 41, seit 2011 Sportdirektor und seit 2013 Geschäftsführer des FC Bayern Basketball, hat 97 Länderspiele für Deutschland bestritten. Insgesamt acht Jahre lang spielte er für Finalgegner Berlin. (Foto: imago)

Das klingt nicht nach Hektik.

Wir wollten dieser Mannschaft eine Chance geben, und niemanden voreilig reinholen. Sie hat mit einem Titel zurückgezahlt. Wir werden ganz vorsichtig entscheiden.

In den vergangenen Wochen stach Cunningham aus einem starken Team heraus. Ist er zu halten, was ja mit Tyrese Rice und Malcolm Delaney nicht gelang?

Jared hat in den letzten zwei, drei Wochen tolle Leistungen gezeigt und spielt jetzt schon auf dem Level, den wir für April oder Mai erwartet haben. Man darf aber nicht vergessen, wie er am Anfang gespielt hat. Solchen Spielern muss man Zeit geben und Geduld haben. Das weiß er aber auch, er ist ein vernünftiger junger Mann. Und selbstverständlich werden wir uns unterhalten, dass er länger bei uns bleibt. Ich glaube, dass er ein Spieler ist, der eine Saison braucht und im zweiten Jahr richtig durchstartet. So wie jetzt Devin Booker.

Das große Ziel ist der Meistertitel, der große Rivale Bamberg schwächelt, nun wurde der Trainer entlassen. Ein Vorteil?

Von Bamberg bin ich ein bisschen überrascht, aber dieses Team hat so viel Qualität, es wird zurückkommen. Deshalb sage ich, dass wir auf uns selbst schauen, auch wenn sich das langweilig anhört. Außerdem sollte man Berlin, Ludwigsburg oder Bayreuth nicht vergessen. Bei Berlin muss man wissen, dass Trainer Aito Garcia Reneses höchste Qualität und unheimlich viel Erfahrung hat. Er bereitet das Team nicht auf das nächste Spiel, sondern auf solche Spiele wie in Ulm vor. Diese Mannschaft wird am Ende der Saison nicht schlechter sein als jetzt, das wissen wir. Alba wird ein Herausforderer um die ersten Plätze sein.

Ist das Triple ein Thema?

Wenn wir in der Lage sein sollten, den zweiten Titel im Eurocup zu holen, dann ja. Doch das ist sehr weit weg. Jetzt spielen wir erst mal im Viertelfinale gegen Kasan, das ist eigentlich eine Euroleague-Mannschaft. Das allein wird schwer genug.

© SZ vom 21.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: