Mangfalltal:Wem gehört das Wasser?

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Miesbach setzt ein Zeichen und widerruft Altrechte der Stadt

Von Matthias Köpf

Hinge die Trinkwasserversorgung Münchens unmittelbar vom Quellstollen IV der Grundwasserfassung Reisach im Mangfalltal ab, dann hätte dieser Stollen wohl nicht schon 1953 zugemauert werden dürfen - zur Verbesserung der hygienischen Verhältnisse, wie es hieß. Jetzt, 65 Jahre später, hat das Landratsamt in Miesbach das Recht der Münchner Stadtwerke, aus diesem Stollen Grundwasser zu fördern, in aller Form widerrufen. Damit drehen die Miesbacher den Münchnern zwar noch keineswegs das Wasser ab. Aber sie legen symbolisch, wenn schon nicht die ganze Hand, so doch immerhin den Zeigefinger auf den Hahn.

Die Adressaten des Fingerzeigs sitzen einerseits in München und seinem Umland - und anderseits im Landkreis Miesbach selbst. Denn die Münchner Stadtwerke wollen im Mangfalltal, wo sie aus drei verschiedenen Brunnen 80 Prozent ihres Trinkwassers fördern, ein größeres Wasserschutzgebiet ausweisen lassen. Miesbachs grüner Landrat Wolfgang Rzehak und seine Behörde zeigten sich trotz des schon seit Jahrzehnte schwelenden Streits über die Wasserrechte kooperativ und müssen sich seither aus den betroffenen Kommunen vorwerfen lassen, nach der Pfeife der Münchner zu tanzen. Bauern, Wirtschaft und Lokalpolitik befürchten weitere Einschränkungen für die Landwirtschaft, beim Bau neuer Siedlungen und beim Ausweisen von Gewerbegebieten. Für September hat die Regierung von Oberbayern einen Erörterungstermin für Dutzende von Einwänden gegen das Schutzgebiet angesetzt.

Mit dem im vergangenen Jahr angekündigten und nun erlassenen Bescheid rütteln die Miesbacher vor allem an drei Wörtern, die aus ihrer Sicht wahre Unwörter sind: "Unbeschränkt, unwiderrufbar und unbefristet" seien die Altrechte zur Wassergewinnung, heißt es immer wieder aus München. Davon treffe aber nur "unbefristet" wirklich zu, sagt Thomas Eichacker, der im Miesbacher Landratsamt die Umweltabteilung leitet. Denn werde ein Altrecht längere Zeit nicht genutzt wie beim Reisacher Quellstollen IV, dann könne es eben doch widerrufen werden. Dieser Stollen dürfe nun nicht mehr in Betrieb gehen, jedenfalls nicht mit Berufung auf alte Rechte am Wasser. Die Stadtwerke hingegen lehnen den Bescheid ab, weil so im laufenden Schutzgebietsverfahren womöglich der Eindruck entstehen könne, ihre Altrechte im Mangfalltal gälten überhaupt nicht mehr. Diese Rechte nehmen sie für sich in Anspruch, seit sie 1883 im Mangfalltal den ersten Brunnen in Betrieb genommen haben.

Neben dem Widerruf für den längst aufgelassenen Quellstollen in Reisach hat das Miesbacher Landratsamt die Nutzung aller drei Brunnen per Bescheid auf die Wasserversorgung zum "Wohle der Allgemeinheit" beschränkt - als Handhabe, sollten die Stadtwerke irgendwann privatisiert werden oder das Wasser aus dem Mangfalltal auf den Weltmarkt werfen wollen. Dass die Altrechte für die Münchner gelten und für niemanden sonst, ist ebenfalls Teil des Bescheids. Die "historisch gewachsene Mitversorgung von Münchner Umlandgemeinden" ist demnach nur als "untergeordneter Nebenzweck zulässig". Eine feste Obergrenze ist nicht genannt, doch das Landratsamt weist darauf hin, dass 2017 etwa fünf Prozent des Wassers aus dem Mangfallgebiet ins Münchner Umland geflossen seien. "Die Altrechte decken ein grenzenloses Wachstum im Speckgürtel von München nicht", sagt dazu Landrat Rzehak. Jede betroffene Gemeinde solle sich rechtzeitig "überlegen, wo künftig das Wasser für noch mehr Gewerbe und noch mehr Bewohner herkommen soll."

Damit schlägt der Landkreis Miesbach ähnliche Töne an wie schon der Kreis Garmisch-Partenkirchen, woher München im Normalbetrieb das fehlende Fünftel seines Trinkwassers bezieht. Das dortige Landratsamt hatte 2015 beschieden, das Mitversorgen von sechs Umlandgemeinden sei längstens bis 2025 möglich. Danach müssten sie selbst für ihr Wasser sorgen. Klagen dagegen liegen längst bei Gericht.

© SZ vom 04.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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