Lochhausen:Dem Lärm ausgeliefert

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Anwohner der Lochhausener Straße wollen den Krach nicht länger ertragen und fordern wirksamen Schallschutz, doch die Stadt sieht sich nicht in der Pflicht und lehnt ab

Von Ellen Draxel, Lochhausen

Wenn Helmut Lauer im Sommer in seinem Garten am Rohrsängerplatz steht, ist es häufig so laut, dass er kaum sein eigenes Wort versteht. Seit fast 50 Jahren wohnt der Lochhausener dort, direkt im Fadenkreuz zwischen Bahngleisen und Lochhausener Straße. Auch seine Nachbarin Monika Willand beklagt den Lärm, der seit Jahren von der viel befahrenen Straße ausgeht. "In der Frühe, wenn die Containerfahrzeuge und die Laster an unseren Häusern vorbeifahren, da hebt's einen aus dem Bett." Selbst bei geschlossenen Fenstern, schreibt ein Anlieger an den Bezirksausschuss Aubing-Lochhausen-Langwied, sei es in denjenigen Räumen, die an der Straße liegen, zu Stoßzeiten "schon jetzt oftmals nicht einmal möglich, zu telefonieren". Wie solle das erst werden, wenn auf den freien Flächen im Stadtteil in den kommenden Jahren neuer Wohnraum entstehe, der zusätzlichen Verkehr zur Folge haben werde?

17 Unterschriften von Anwohnern der Vestastraße und des Rohrsängerplatzes hat Lauer deshalb bereits Anfang des Jahres gesammelt und an die Stadtverwaltung geschickt. Die Anlieger fordern Schallschutzwände, um künftig auf Höhe der Eisenbahnbrücke besser vom Verkehrslärm der Lochhausener Straße abgeschirmt zu sein. Dass die Forderung gerade jetzt kommt, hat mit dem Bau einer benachbarten Lärmschutzwand auf der Böschung entlang des Gehwegs zu tun. Die Wand, bestehend aus transparenten Glasflächen im Wechsel mit begrünten Betonelementen, soll Schüler der Grundschule am Schubinweg vor dem Verkehrslärm schützen. Sie ist eine Auflage aus der Baugenehmigung für die vor zwei Jahren aufgestellten Schulpavillons. Ein Gutachten hatte seinerzeit den Schallschutz gefordert.

Die Bewohner entlang der Lochhausener Straße wünschen sich einen wirksamen Lärmschutz. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Doch die Chancen für Lauer und seine Mitstreiter, ebenfalls in den Genuss einer Schallschutzwand zu kommen, stehen derzeit schlecht. Inzwischen hat das Referat für Gesundheit und Umwelt den Anwohnern geantwortet - und ihre Bitte abgelehnt. "Beim Lärmschutz an Verkehrswegen", erklärt die Leiterin der Abteilung Umweltvorsorge, Sylvia Franzl, "wird unterschieden zwischen der Lärmvorsorge beim Neubau von Straßen oder der wesentlichen Änderung von Straßen und der Lärmsanierung an bestehenden Straßen".

Bei Neubauten gebe es einen "Rechtsanspruch" auf Schutz vor dem aufgrund der Baumaßnahme künftig zu erwartenden Verkehrslärm. Für bereits Bestehendes hingegen gelte dieser Anspruch nicht. Würden trotzdem Schallschutzvorkehrungen getroffen, so lediglich auf freiwilliger Basis des Baulast-Trägers. Die Lochhausener Straße sei nicht verändert worden, folglich hätten die Nachbarn hier auch keinen Rechtsanspruch.

Der zweite Hebel hingegen, die Lärmsanierung, könnte zwar theoretisch möglich sein. Dafür müssten aber die "Auslösewerte" hoch genug sein. Die Grenzwerte liegen bei 67 Dezibel tagsüber und 57 Dezibel in der Nacht, und an einigen direkt an der Lochhausener Straße gelegenen Gebäuden würden diese Werte auch tatsächlich "geringfügig überschritten", so Franzl.

Aber nicht bei Helmut Lauer: Dort seien rund 64 Dezibel am Tag und 54 Dezibel in der Nacht gemessen worden, also drei Dezibel zu wenig. "Die Lärmbelastung ist in der Lochhausener Straße im Vergleich zu anderen Gebieten in München wie etwa in Stadtstraßen mit enger, geschlossener Randbebauung oder am Mittleren Ring gering." Die Stadt aber unterliege dem "Gebot der sparsamen Haushaltsführung" und müsse ihre Gelder dort einsetzen, wo die höchste Betroffenheit vorliege. Im Übrigen, sagt Franzl, habe laut Verkehrsmengenkarte die Verkehrsbelastung 2017 im Bereich Rohrsängerplatz im Vergleich zu 2012 abgenommen: von 25 000 auf nur noch 21 000 Fahrzeuge pro Tag.

Für die Anlieger ist diese Messung nicht nachvollziehbar. "Dass plötzlich der Verkehr weniger wird, das ist ja wohl ein Witz", ärgert sich Monika Willand. Die Nachbarn fühlen sich von den zuständigen Stellen im Stich gelassen: "Es kann doch nicht sein, dass man als vom Lärm durch Bahn und stark befahrene Straße doppelt belasteter Anwohner nicht in den Genuss von Lärmschutzmaßnahmen kommt, nur weil man nicht auf einer Neubaufläche wohnt, sondern im Altbestand", schimpft Lauer.

Grün, aber laut: Helmut Lauer im Garten seines Hauses. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Der Bezirksausschuss Aubing-Lochhausen-Langwied sieht das ebenso: "Wir können gut verstehen, dass sich die Anwohner an dieser Ecke nach Lärmschutz sehnen", meint der stellvertretende Gremiums-Chef Jürgen Umseher, ein Lochhausener. Die Debatte sei jetzt an einem Punkt angelangt, an dem eine Entscheidung fällig sei: "Was ist rechtlich erforderlich, und was ist politischer Wille?" Für die Lokalpolitiker ist die Sache klar - sie befürworten den Bau einer Schallschutzwand entlang der Lochhausener Straße von der Pirolstraße bis zur Einmündung Schussenriedener Straße.

© SZ vom 03.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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