Live-Musik:Musikkneipe "Podium" in Schwabing macht dicht

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Ende Februar ist Schluss: Das Podium macht zu. (Foto: Stephan Rumpf)

Ausgecovert. Nach 44 Jahren Live-Musik mit herrlichem Lärm zum günstigen Tarif ist Schluss.

Von Karl Forster

Es ist einer dieser München-typischen Abschiede. Einer, der traurig macht, einer, der leider auch dem Vorurteil vom Ausverkauf Schwabings die Vorsilbe und damit die letzten Hoffnungen aufs Vermeidliche nimmt. Das Schwabinger Podium, seit fast 50 Jahren fester Bestandteil lebendiger Musik im Viertel rechts der Leopoldstraße, wird Ende Februar die Mikros abschrauben, die Verstärker heraustragen und die Türe zusperren.

Nach 44 Jahren Live-Musik, zuerst Dixie und Swing, dann, seit den Achtzigerjahren, mit Rockbands, die die hohe Kunst des Coverns nicht nur beherrschten, sondern zum Elixier erklärten. Trouble Boys, Thunderbirds, Isar Rider und nicht zuletzt The Public um den famosen Mick-Jagger-Wiedersänger Axel Kowolik, das sind nur ein paar Namen jener Combos, die es beherrschen, von einer Nummer zur nächsten, von den Rolling Stones zu den Doors zu Steppenwolf, das musikalische Ambiente zu wechseln; und die im Podium über Jahrzehnte für herrlichen Lärm zum günstigen Tarif sorgten. The Public, das nur ein Beispiel, gelang dies immerhin 1266 Mal. Das ist nun vorbei, weil das Haus abgerissen werden soll, um etwas mehr Schwabing-typischen Wohnraum zu schaffen.

München braucht ja auch dringend Wohnraum. Die Wagnerstraße 1, des Podiums alte Heimatadresse, ist ideal dafür. Vielleicht 200 Meter zum Englischen Garten, 100 zur Münchner Freiheit, ruhig gelegen trotz Nähe zur Leopoldstraße, da ist man dann doch schnell bei 10 000 Euro pro Quadratmeter Neubau. Und es gibt sicher ein paar Münchner oder auch Nichtmünchner, die sich das leisten können.

Es gab ja mal eine Zeit, in der hier schräg gegenüber das alte "Domicile" seine Heimstatt hatte und zu den berühmtesten Jazzbühnen der Welt zählte. Längst Geschichte. Es gab eine Zeit, in der ums Eck die Schwabinger Gisela Frivoles sang. Auch Geschichte. Heute lädt in der nahen Feilitzschstraße eine Wirtschaft/Bar mit dem eigentlich hübschen Namen "Trumpf oder kritisch". Nur: Wer kann hier im einstigen Herzen von Münchens Lebenslustviertel mit diesem Namen noch was anfangen? Wer hier weiß überhaupt noch, dass es das urbayerische Kartenspiel Watten überhaupt gibt?

Was nun die Musik angeht, soll aus dem Schwabinger ein Allacher Podium werden. Dort draußen fand die Betreiber-Familie im Gasthaus Schießstätte eine neue Heimat. Möge der Geist der Wagnerstraße mit hinausziehen in Münchens Westen. Hier in Schwabing, wo Axel Kowolik so schön traurig "It's All Over Now" zu singen wusste (was übrigens die Coverband The Rolling Stones 1964 von The Valentinos ausgeliehen hat), hat er keine Heimat mehr. Das ist nicht schön.

© SZ vom 11.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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