Linksaußen:Vom Fußball und anderen fixen Ideen

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Die Pferde in Daglfing und Riem laufen wieder, die Basketballer wollen ihre Saison mit einem Turnier in München beenden, die dritte Liga ringt noch um einen Starttermin. Und am Ende bleibt die Frage: Wer räumt auf?

Kolumne von Johannes Schnitzler

Kommen und Gehen gehören zum Leben wie die Jahreszeiten da draußen vor der Home-Office-Tür. Menschen, Moden, Imperien: Alles, was kommt, geht irgendwann. Und am Ende bleibt die Frage: Wer räumt auf?

Vom Beseitigen leben ganze Berufszweige. Kammerjäger. Die Müllabfuhr. Auftragsmörder. Aber nicht einmal das schärfste Desinfektionsmittel vermag eine fixe Idee unschädlich zu machen. China hat ein Virus in die Welt entlassen, damit Deutschland lückenlos durchimpft? Im Geheimauftrag von "Kill Bill" Gates? Wissenschaftler und Medienmarionetten geben dazu das Panikorchester? Und Heinz Honk hat's durchschaut?

Der Kommunikationsforscher Paul Watzlawick hat das Muster dahinter beschrieben in der Parabel von dem Mann, der alle paar Sekunden in die Hände klatscht. Warum er das tut? "Um die Elefanten zu verscheuchen." - "Elefanten? Aber hier sind doch gar keine Elefanten." Darauf der Mann: "Na also! Sehen Sie?"

Ein ähnliches Phänomen ist in der Corona-Krise zu beobachten. Sind Schutzmaßnahmen erfolgreich, wirkt die Bedrohung plötzlich ganz niedlich, und viele fragen sich: Warum sollen wir uns weiter vom Staat einsperren lassen? Wo ist denn die große Krise, hä? Es ist das sattsam beschriebene Paradoxon der Prävention.

Steht da draußen ein Elefant? Oder doch nur 'ne Mücke? Heißt Rainer Koch etwa Robert?

Sich vor einem Problem zu schützen, ist zunächst ja mal vernünftig; andererseits garantiert das Schutzverhalten laut Watzlawick, dass das Problem, ob eingebildet oder nicht, fortbesteht. Solange der Mann nicht aufhört, in die Hände zu klatschen, wird er sich von Elefanten umzingelt wähnen, die nur darauf warten, dass er aufhört, in die Hände zu klatschen... Müsste man nicht also mal vor die Tür gehen und nachschauen, ob da ein Elefant steht? Oder ein Pferd auf dem Flur? Oder vielleicht doch nur 'ne Mücke?

Nun laufen in München zwar keine Elefanten herum, neuerdings aber wieder Pferde in Daglfing und Riem, die Basketballer wollen ihre Saison im Juni hier zu Ende spielen, und in den Bundesligen rollt der Fußball. In der 3. Liga, wo sich 1860, Unterhaching und die U-23-Bayern bewegen, wird unterdessen heftig über die Fortsetzung der Saison gestritten. Hachings Präsident Manfred Schwabl hat dabei wie Jedi-Meister Yoda argumentiert. Der "sportliche Ehrgeiz" gebiete ein "sportliches Endergebnis", also: weiter im Text. Andererseits: "Es gibt Wichtigeres als Fußball." Weise sein du musst.

Der Re-Start am 26. Mai ist jedenfalls seit Freitag vom Tisch. In Thüringen und Sachsen-Anhalt, die drei Drittligisten beheimaten, sind die Maßnahmen noch so streng, dass an Profisport nicht zu denken ist. Für Rainer Koch, Präsident des Bayerischen Fußball-Verbandes, ist Abbruch indes keine Option. Es gebe Konzepte, "eigentlich die gleichen" wie für die Bundesliga. Dort haben sie das mit der Eigenverantwortung freilich nur so lala begriffen. In Berlin haben sie zwar kräftig in die Hände geklatscht. Der einzige, den sie dann verscheucht haben, war aber Salomon Kalou. In Augsburg ging Heiko Herrlich Zahnpasta kaufen. Aber heißt Rainer Koch etwa Robert?

Die Regierung hat jetzt die Öffnung der Grenzen angekündigt. Da könnte man doch bei Bedarf statt der Ost-Klubs ein paar aus Österreich, mit Gastlizenz...? - Wie? Hat mit den Alpenvolleys schon nicht geklappt? - Hm. Da ist was dran. Und hat dieser Kanzler Kurz nicht auch auffallend große Ohren? Husch, husch!

© SZ vom 18.05.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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