Lerchenau:"Es braucht jetzt den politischen Willen"

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Eine frühere Bankfiliale könnte zum Nachbarschaftstreff der Siedlung am Lerchenauer See werden, aber es fehlt am Geld

Von Jerzy Sobotta, Lerchenau

Seit Langem fordern Senioren und Bürger Räumlichkeiten für einen Nachbarschaftstreff in der Siedlung am Lerchenauer See. Nun sind gleich zwei Orte im Gespräch, die dafür in Frage kommen. Zum einen will die Stadt nun direkt mit einem privaten Investor verhandeln, der das Ladenzentrum nördlich der Kapernaumkirche an der Lassallestraße 95-101 umbaut. Dort könnte neben einem neuen Wohngebäude und einem Supermarkt auch ein etwa 200 Quadratmeter großer Raum für einen Nachbarschaftstreff entstehen. Der Stadtrat hat jüngst beschlossen, dass das städtische Sozialreferat mit der Firma R & S Invest aus Frankfurt am Main verhandelt soll, die die Ladenzeile erneuern will. Damit reagieren die Politiker im Rathaus auf einen wiederholt seit drei Jahren bei Bürgerversammlungen im Stadtbezirk Feldmoching-Hasenbergl geäußerten Wunsch der Anwohner.

Weil städtische Vorhaben meist nicht rasend schnell vorankommen, hat sich in der Zwischenzeit eine Gruppe von mittlerweile 13 Bürgern selbst nach einem geeigneten Ort umgeschaut. Der Impuls dazu kam von den Quartiersmanagerinnen Sarah Ehrenstein und Sigrid Speer von der Diakonie, die seit vergangenem Jahr gemeinsam mit den Bewohnern neue Angebote entwickeln. Fündig geworden sind sie in einer leer stehenden Filiale der Stadtsparkasse an der Gustav-Schiefer-Straße 5.

Mit gut 200 Quadratmetern im Erdgeschoss und ebenso viel Fläche im Keller sei es ein idealer Raum für einen Nachbarschaftstreff, sagt Speer. Man müsse zwar noch prüfen, ob er allen Anforderungen entspricht, "aber er steht frei und könnte sofort bezogen werden". Darum bevorzugt Speer die frühere Bankfiliale, denn es sei noch nicht absehbar, wann die Ladenzeile an der Lassallestraße fertig sein wird. "Die Menschen sind jetzt motiviert und setzen sich für einen Nachbarschaftstreff ein. Aber es wird schwierig, die Motivation jahrelang aufrecht zu erhalten", sagt Speer.

Die Quartiersmanagerin hat gemeinsam mit den Bewohnern bereits viele Ideen für Freizeitaktivitäten und Angebote entwickelt: von Literaturzirkeln, einer Hobby-Börse bis zu Tanzkursen. Doch all das scheitert am Fehlen der Räumlichkeiten. Behelfsweise nutzen die Bewohner zurzeit ein Raum der Nachbarnhilfe, den die Caritas in der Lassallestraße 95 kostenfrei zur Verfügung stellt. Doch dort passt nur eine Handvoll Menschen rein, was schon für einen Spieleabend zu klein ist. Außerdem ist unklar, ob der Raum auch nächstes Jahr noch zur Verfügung stehen wird.

Die große Herausforderung ist es jetzt, die Kaltmiete für die alte Sparkassenfiliale von etwa 3300 Euro monatlich aufzubringen. Der städtische Haushalt für das kommende Jahr wurde bereits verabschiedet, und kurzfristige Zusatzausgaben müssen die Referate erst genehmigen. Wenn die Stadt keinen Sonderposten für den Nachbarschaftstreff freigibt, dann könnte man frühestens 2021 an das benötigte Geld kommen. "Es braucht jetzt den politischen Willen", sagt Speer und will sich für das zusätzliche Budget einsetzen. Sie habe bereits Kontakt zu Menschen, die sich an der Miete beteiligen würden. Schließlich warteten die Menschen am Lerchenauer See schon seit Jahren auf die Räume.

Dass es für den Nachbarschaftstreff großen Bedarf gibt, bestätigt auch das Sozialreferat. Geprüft hat die Stadt auch, ob der Nachbarschaftstreff in die Räume des Jugendzentrums "Freizeittreff Lerchenauer" an der Lassallestraße 111 einziehen könnte. Doch dort könnte es zu Konflikten der Jugendlichen mit den Senioren kommen, heißt es. Außerdem ist der Jugendtreff jetzt bereits zu klein, sodass man schon vor fünf Jahren auf zwei zusätzliche Hortgruppen verzichten musste. Daher soll der Freizeittreff saniert und vergrößert werden - allerdings erst "mittelfristig", wann auch immer das sein mag.

Gerade für Senioren gilt ein Nachbarschaftstreff als enorm wichtige Anlaufstelle, als Abhilfe vor Vereinsamung. Und in der Siedlung am Lerchenauer See sind mehr als 20 Prozent der Einwohner über 65 Jahre alt, das sind fast 2000 Menschen. 6,6 Prozent sind mehr als 80 Jahre alt, ebenfalls deutlich mehr als der stadtweite Schnitt von vier Prozent.

Der nächste offene Treff für ältere Menschen ist momentan der Senioren-Pavillon der Diakonie am Pfarrer-Steiner-Platz 1 im nördlichen Hasenbergl - also für ältere Menschen schwer zu erreichen. In der Nähe gibt es nur die Angebote von Sankt Johannes Evangelist und der Kapernaumkirche. Doch es brauche auch nichtkonfessionelle Angebote, auch für alleinerziehende Mütter und Migranten, darin sind sich Speer und das Sozialreferat einig.

© SZ vom 21.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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