Lerchenau:Die Wildnis bleibt hinterm Zaun

Lesezeit: 2 min

Viel Natur, aber auch Schuttreste: Das Virginia-Depot in der Lerchenau ist seit Jahren nicht mehr zugänglich. Ein Zaun schützt die Natur vor den Menschen, aber auch die Menschen vor möglicherweise gefährlichen Munitionsresten. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Das Virginia-Depot wird kein naturnaher Erlebnisraum für Kinder und Jugendliche - ein entsprechendes Konzept scheitert, weil sich Stadt und Bund nicht einig werden über einen Ankauf sowie den Umgang mit Kampfmittelresten

Von Ellen Draxel, Lerchenau

Das Konzept einer Stadtwildnis für Kinder und Jugendliche auf dem Gelände des früher militärisch genutzten Virginia-Depots ist erst einmal gescheitert. Nach Prüfung hat Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) dieser Idee eine Absage erteilt. Die Initiatoren, die Münchner Kreisgruppe des Landesbunds für Vogelschutz (LBV) und der Verein Bildung für eine nachhaltige Entwicklung (Bene), reagieren enttäuscht. "Kinder und Jugendliche haben, vor allem im Münchner Norden, kaum noch eine Möglichkeit, die Natur zu erkunden und dabei die Vielfalt an Tieren und Pflanzen in ihren Lebensräumen kennenzulernen", sagt LBV-Geschäftsführer Heinz Sedlmeier. Viele könnten "nicht einmal drei Vogelarten erkennen und erleben Schmetterlinge und Heuschrecken nur noch virtuell am Computer".

Gerade angesichts des Grünflächendefizits in München haben der LBV und Bene, die in ihrem Anliegen beide von den Grünen im Bezirksausschuss Feldmoching-Hasenbergl unterstützt werden, daher für die Absage durch den Oberbürgermeister "kein Verständnis". Das Virginia-Depot im Stadtbezirk Feldmoching-Hasenbergl sei "eine der letzten verbliebenen Naturoasen in München mit einer für innerstädtische Bereiche einmaligen Artenvielfalt".

Im Juni 2018 hatten die Naturschützer OB Reiter vorgeschlagen, das derzeit als Biotop vorgehaltene und eingezäunte Virginia-Depot westlich der Schleißheimer Straße Münchner Schülern zugänglich zu machen. Mit dem Stadtwildnis-Projekt sollte der "fatalen Entfremdung der Stadtkinder", wie es hieß, von den natürlichen Lebensgrundlagen entgegengewirkt werden. Das früher als Bundeswehr-Lager genutzte Virginia-Depot könnte, so das Argument von LBV und Bene, ein echter Lernort sein, wobei mehrere Zonen eine unterschiedliche Nutzungsintensität ermöglichen würden. Das Konzept würde sich großteils an die Nutzung der Fröttmaninger Heide durch den Heideflächenverein anlehnen, wo es auch unterschiedliche Zonen gibt. Dazu allerdings müsste die Stadt München das weitläufige Areal in der Lerchenau von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima) erwerben.

Genau dazu aber sieht sich der Oberbürgermeister nicht in der Lage. Er begründet das in erster Linie mit der Kampfmittelbelastung. Die Stadt übernimmt danach Grundstücke grundsätzlich nur altlasten- und kampfmittelfrei. Wäre die Bima dieser Vorgabe nachgekommen, wozu sie bereit gewesen wäre, hätte das, so der OB, "die Zerstörung des gesamten Biotops bedeutet". Diese dann auch wieder herzurichten, hat die Bima wiederum abgelehnt. Nicht von ungefähr ist die Fläche daher auch jetzt nicht frei betretbar, die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben müsste andernfalls für Unfälle mit etwaigen Munitionsresten haften. Für die Bima ist die ökologisch hochwertige Fläche zudem eine sogenannte Ausgleichsfläche, die im Ausgleich für eine Bodenversiegelung etwa durch Bauvorhaben an anderer Stelle in naturnahem Zustand gehalten werden muss. Diese in den erforderlichen Zustand zu bringen, würde den Bund viel Geld kosten - was die Bima ablehnt.

OB Reiter sieht angesichts dieser Auskünfte und Positionierungen deshalb keinen Spielraum für die angeregte Stadtwildnis. Die Initiatoren wollen dennoch weiter für ihre Idee werben. Zunächst suchen sie weitere Unterstützer "in der Stadtpolitik", wie es vage heißt.

© SZ vom 18.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: