Lehrermangel:Nicht im Plan

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An Grund- und Mittelschulen fehlt Personal. Ein Umstieg ist selbst für Lehrer schwer, auch wegen der schlechteren Bezahlung

Von Melanie Staudinger, München

Die Antwort des Kultusministerium ist knapp. "Kunst", sagt Sprecher Ludwig Unger. Ja, in Kunst würde sich das Ministerium eine etwas höhere Bewerberzahl wünschen. Sonst gebe es für die staatlichen Gymnasien ausreichend viele Lehrer. Zu viele eigentlich, denn zum Halbjahr wurde erneut nur ein gutes Fünftel aller Absolventen eingestellt. Allen anderen bleibt nur ein Umweg: Sie können warten, sich bei Privatschulen bewerben, bei den Gymnasien der Stadt oder in einem der Umschulungsprogramme des Freistaats. Realschul- und Gymnasiallehrer können sich zu Mittelschul- und Berufsschullehrern weiterqualifizieren. Derzeit laufen im Ministerium Überlegungen, die Maßnahme auch auf Grundschulen auszudehnen.

Dass es plötzlich so eng zugeht an den Schulen nicht nur in München, sondern in ganz Bayern, liegt nach Ansicht von Gewerkschaften wie der GEW an einer verfehlten Personalplanung im Kultusministerium. Dort sehen die Verantwortlichen die Situation naturgemäß anders. Zu Schuljahresbeginn seien ja alle Planstellen besetzt worden. Der Mangel an Lehrer sei vor allem dem Zuzug der vielen Flüchtlinge geschuldet. Fast 60 000 Schüler mehr müssten beschult werden, alleine in den Grund- und Mittelschulen gibt es etwa 710 Übergangsklassen, davon gut ein Siebtel in München. Eine solche Entwicklung sei nicht vorhersehbar gewesen. "Wir haben eine nicht-alltägliche Situation, die es zu bewältigen gilt", sagt der Sprecher.

Mit einigen Maßnahmen versucht der Freistaat daher, die fehlenden Kapazitäten mit Quereinsteigern auszugleichen. Arbeitslose Lehrer sollen umschulen und an anderen Schularten Unterricht geben. Das hat nach Ansicht des Kultusministeriums zwei Vorteile: Zum einen bietet es denjenigen, die in der ersten Runde nicht untergekommen sind, doch noch die Chance auf einen Job. Zum anderen fällt nicht gar so viel Unterricht aus. Zweitqualifizierung heißt das Angebot, es ist in Artikel 22 des bayerischen Lehrerbildungsgesetzes verankert.

Seit dem Schuljahr 2015/16 läuft das Angebot, das der Freistaat den unversorgten Realschul- und Gymnasialabsolventen unterbreitet. Bayernweit nehmen derzeit 886 Lehrer teil. Die ersten von ihnen sollen nach diesem Schuljahr verbeamtet werden. Dafür müssen sie drei Unterrichtsstunden vor dem Schulrat halten und mit ihm ein Reflexionsgespräch führen. Eine erneute Prüfung, obwohl die Pädagogen schon zwei Staatsexamen abgelegt haben. Schon seit 2010 bietet das Kultusministerium außerdem die Möglichkeit der Nachqualifizierung. Bewerber, die in der Vergangenheit nur das erste Staatsexamen für das Lehramt an Mittelschulen, Realschulen oder Gymnasien abgelegt haben, können ihre Ausbildung vervollständigen.

Doch diese Programme reichen nicht aus. Vor allem im Regierungsbezirk Oberbayern suchen die Schulämter händeringend nach Personal für ihre Grund- und Mittelschulen. Allerdings haben sie nur befristete Verträge zu vergeben, was offenbar gerade im teuren München ein wenig attraktives Angebot ist. Die hohen Lebenshaltungskosten erschweren die Lehrersuche um Großraum immens. Viele Pädagogen aus anderen Teilen Bayerns treten ihren Dienst in der Landeshauptstadt erst gar nicht an. Im Bereich der Gymnasien gibt es zumindest einen Hoffnungsschimmer: Sollte das neunjährige Gymnasium wieder zum Standard werden, werden wohl 1000 zusätzliche Lehrer gebraucht - für alle Fächer.

© SZ vom 06.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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