Leerstand:"Hotel Biss" soll Abbruchhaus retten

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Die Idee für die neue Nutzung kam den Aktivisten bei der Demonstration für den Erhalt der städtischen Häuser in der Pestalozzistraße am Dienstagabend. (Foto: Robert Haas)

Als neue Nutzung der Pestalozzistraße 2 bringen die Aktivisten von Goldgrund ein Sozialprojekt für Jugendliche ins Gespräch: ein Hotel. Hildegard Denninger von Biss zeigt sich interessiert. Schon einmal blieb ihr ein Objekt verwehrt.

Von Thomas Anlauf

Es ist eine reichlich spontane Idee von Till Hofmann, als er am Dienstagabend auf einer kleinen Bühne in der Pestalozzistraße steht. Er fragt die Demonstranten: "Erinnert ihr euch noch an das Hotel Biss?" Dann deutet er grinsend hinter sich auf das grüne, leer stehende Haus. Die Menschen haben verstanden, sie applaudieren begeistert.

Der spontane Einfall des Goldgrund-Aktivisten und Betreibers der Lach- und Schießgesellschaft könnte noch ungeahnte politische Wirkung zeigen: Sollte sich Hildegard Denninger mit ihrem Sozialprojekt "Hotel Biss" nun auch für den Erhalt des städtischen Hauses an der Pestalozzistraße 2 einsetzen, um dort ihr Hotelprojekt für benachteiligte Jugendliche voranzutreiben, würde sich der Streit um das Gebäude wohl zuspitzen. "Ich müsste mir das Haus mal anschauen", sagte Denninger am Donnerstag der Süddeutschen Zeitung in einer ersten Reaktion.

Der Freistaat wollte Biss das Gefängnis nicht verkaufen

Die langjährige Geschäftsführerin der Münchner Straßenzeitung Biss war vor vier Jahren damit gescheitert, das ehemalige Frauengefängnis in der Au vom Freistaat zu kaufen und darin ein Hotel aufzuziehen, in dem 40 benachteiligte Jugendliche eine Ausbildung bekommen hätten. Trotz einer breiten Unterstützung aus der Bevölkerung - mehr als 15 000 Menschen unterzeichneten eine Petition für das "Hotel Biss" und auch viele Prominente setzten sich für das Sozialprojekt ein - entschied sich der Haushaltsausschuss des Landtags dagegen. Der Meistbietende erhielt stattdessen den Zuschlag. Der Aufschrei bei den Münchnern war groß, auch die Stadt hätte das Projekt mit einer halben Million Euro unterstützt. Doch das "Hotel Biss" war erst einmal gestorben.

Seither steht das ehemalige Frauengefängnis ebenso ungenutzt leer wie das einstige Geschäftshaus der Stadt an der Pestalozzistraße. Hofmann findet die neue Idee, dort das "Hotel Biss" zu eröffnen, charmant. "Die Leute haben das Projekt nicht vergessen", sagt er. Zwar wollte bislang ein breites Bündnis erreichen, dass in dem grünen Haus Flüchtlinge unterkommen können, vor allem geht es dem Goldgrund-Aktivisten Hofmann aber darum, das städtische Gebäude zu erhalten anstatt es abzureißen.

Stadt und Goldgrund streiten über die Kosten

Auf 1,2 Millionen Euro schätzt Goldgrund eine Basissanierung, sodass das Haus halbwegs bewohnbar wäre. Das Kommunalreferat hält diese Summe für naiv. Eine Generalsanierung würde nach Ansicht von Kommunalreferent Axel Markwardt ein Vielfaches kosten. In einer Presseerklärung spricht sein Referat von "großflächigem Schimmelbefall", auch "PCB-haltige Putze" seien entdeckt worden. Mittlerweile ist "die Entkernung fast abgeschlossen", mit dem Abriss des Gebäudes könnte bald begonnen werden.

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:Zu marode für Flüchtlinge

Eine Sanierung wäre zu teuer: Die Stadt will ein leer stehendes Haus in der Pestalozzistraße 2 nun trotz Protesten abreißen. Flüchtlinge könnten hier trotzdem unterkommen - auf dem dann freien Areal könnten Container aufgestellt werden.

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"Wenn das Haus schon entkernt ist, kann man ja eigentlich gleich mit der Sanierung anfangen", sagt dazu Till Hofmann. Auch Wolfgang Püschel, langjähriger Vorsitzender des Altstadt-Bezirksausschusses, sagt, dass die Entkernung geradezu die Voraussetzung für eine Generalsanierung sei. Das Gremium beantragt seit Jahren, das seit 2011 endgültig leer stehende Haus wieder herzurichten.

Das Bündnis zur Rettung der Pestalozzistraße 2 fordert nun ein unabhängiges Gutachten zum Zustand des Gebäudes. Hofmann war kürzlich selbst mit einem Experten in dem Haus. Und der befand: "Wegen einer verschimmelten Wand reißt man kein ganzes Haus ab." Die Stadt hat Hofmann jetzt angezeigt. Wegen Hausfriedensbruchs.

© SZ vom 24.10.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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