Verkehrsberuhigung:Immer mit der Ruhe

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Eine Schmuddelecke ist nach Ansicht vieler Haarer der Kiosk links neben dem Hauptgebäude am Bahnhof. Im Herbst soll dort ein Neubau entstehen. (Foto: Sebastian Gabriel)

Haar will den Bahnhofsplatz verkehrsberuhigt gestalten, lässt sich damit aber Zeit

Von Bernhard Lohr, Haar

Busse, Autos, Radfahrer und Fußgänger bewegen sich gleichberechtigt auf einer Fläche: Die Vision von einem Bahnhofsplatz in Haar, der zu einem verkehrsberuhigten Bereich umgestaltet wird, soll in den weiteren, umfassenden Planungen für die Ortsmitte verfolgt werden. Das hat Bürgermeister Andreas Bukowski (CSU) am Dienstagabend im Gemeinderat angekündigt. Davor hatte eine Mehrheit gegen elf Stimmen von Grünen und SPD einen Grünen-Antrag abgelehnt, den Bahnhofsplatz bereits jetzt verkehrsberuhigt umzugestalten. Dietrich Keymer (CSU): "Man soll das Experimentieren nicht übertreiben."

Das Areal um den Bahnhof befindet sich in Haar bereits jetzt in einem Umbruch. Viel ist von einer Weiterentwicklung zu einer Mobilitätsdrehscheibe die Rede. In Kürze sollen dort Arbeiten beginnen, um den gepflasterten Fahrbahnbelag zu erneuern und neue Bushaltestellen für Expressbusse zu schaffen. Von März bis Juni ist der Platz deshalb für Autos gesperrt. Der Vorstoß der Grünen kam nun, weil ihrer Überzeugung nach jetzt der richtige Moment ist, dort auch etwas für die Verkehrssicherheit von Fußgängern und Radfahrern zu tun und zugleich den Platz attraktiver zu gestalten. Dabei meinte Mike Seckinger (Grüne) auch gleich, ein "Missverständnis" ausräumen zu müssen. Denn seiner Überzeugung nach ist es kein Widerspruch, einen stark frequentierten Platz als verkehrsberuhigt auszuweisen. Im Gegenteil: Der Pasinger Bahnhofsplatz und der Pasinger Marienplatz seien Beispiele, wie so etwas gerade an Orten mit viel Verkehr funktionieren könne, sagte er. Dort verkehrten Busse, Tram, Fußgänger und Radler. "Es ist eine deutliche Verbesserung zu vorher", sagte er über Pasing.

Doch so einfach ließen sich die Gemeinderäte nicht überzeugen. Thomas Reichel (CSU) sah viele Fragen aufgeworfen. Er fand die Grünen-Argumentation "nicht schlüssig", wenn in einem verkehrsberuhigten Bereich künftig Expressbusse verkehren sollten. Auch im Rathaus sieht man eine derart weitgehende Veränderung kritisch. So müsste baulich einiges verändert werden, damit der typische Charakter einer Straße, eines Gehwegs und eines Radwegs verschwindet. Die Verkehrsfläche müsste niveaugleich ausgebaut werden, was alleine schon wegen der Bushaltestellen schwierig wäre. Der flüssige Ablauf des Busverkehrs wäre gefährdet. Dennoch warb Seckinger dafür, zumindest einen Modellversuch zu starten, um die dadurch gewonnenen Erkenntnissen in den städtebaulichen Planungsprozess einzubringen, der jetzt dann zur Ortsmitte anlaufen soll. Auch Peter Schießl (SPD) warb dafür, eine Verkehrsberuhigung auszuprobieren. Das Beispiel Pasing zeige gut, "was man gestalten kann".

Haar nimmt für die Ortsmitte an einem Städtebauförderprogramm teil. Dafür wird ein Integriertes städtebauliches Entwicklungskonzept unter Beteiligung der Bürger aufgestellt. Bürgermeister Bukowski sagte, im Zuge dessen solle über ei- nen verkehrsberuhigten Bereich geredet werden.

© SZ vom 25.02.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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