Unterschleißheim:Gegen die Barrieren im Kopf

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Gebärdendolmetscher sind bei der Schreiner Group mitunter bei Meetings dabei. Das Bild entstand bei einer Veranstaltung zum Thema Inklusion in Ottobrunn. (Foto: Claus Schunk)

Der Beirat für Inklusion richtet von 8. bis 13. Mai erstmals eine Aktionswoche mit vielen Mitmach-Veranstaltungen aus. Mit dabei sind Schulen, Verbände, aber auch Unternehmen, die Behinderte fördern.

Von Bernhard Lohr, Unterschleißheim

Bei der Schreiner Group kann es passieren, dass bei einer Videokonferenz das gesprochene Wort als Untertitel im Bild mitläuft. Darüber wundert sich keiner. Auch nicht darüber, wenn mal ein Gebärdendolmetscher bei einem Meeting dabei ist. Das innovative Unternehmen aus Oberschleißheim gilt als Hidden Champion. Es hat das Etikett oder simple Preisschild zu einem Hightech-Element weiterentwickelt, ohne das viele automatisierte Produktionsabläufe weltweit nicht mehr denkbar sind. Beim Abbau von Barrieren für Menschen mit Behinderung spielt man auch in der Champions League und ist deshalb mit von der Partie, wenn vom 8. bis 13. Mai im benachbarten Unterschleißheim erstmals eine "Woche der Inklusion" stattfindet.

Der Beirat für Inklusion hat diese Aktionswoche mit Hilfe der Stadt auf die Beine gestellt, um zu zeigen, wie an Schulen, im Beruf, in der Freizeit und beim Sport in diesem Bereich noch viel getan werden kann. Es gehe vor allem um Barrieren im Kopf, sagte der Beiratsvorsitzende Helmut Gierke am Mittwoch bei einer Presserunde im Rathaus. "Die Einstellung von Nichtbehinderten zu Behinderten lässt zu wünschen übrig", sagte er. Oft geschehe Diskriminierung aus Gedanken- oder Hilflosigkeit heraus. Viele Aktionen, die "zum Mittun" einladen, sollten in der Woche helfen, Blockaden zu beseitigen.

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Tatsächlich kann man aktiv werden. Nicht nur bei einer Betriebsbesichtigung bei der Schreiner Group, wo man laut Pressesprecherin Susanne Höppner am Dienstag, 9. Mai, nichts vorgeführt bekommt, sondern erleben soll, dass Inklusion wirklich heißt, kein großes Thema aus der Behinderung des Kollegen zu machen. Es besteht die Möglichkeit, sich am Freitag, 12. Mai, an der Kletterwand im Sehbehinderten- und Blindenzentrum auszuprobieren. Und in einem Workshop lernt man am Samstag, 13. Mai, "Goalball" kennen - ein Ballsport für Blinde, bei dem es gilt, einen Klingelball in einem Tor zu versenken.

Aus Sicht von Bürgermeister Christoph Böck (SPD) ist die bevorstehende Inklusionswoche beispielhaft für bürgerschaftliches Engagement und zeigt, dass das weiterentwickelte Beirat-System in der Stadt immer besser zum Tragen kommt. In der zurückliegenden Amtsperiode habe man entschieden, dass statt des Bürgermeisters den Vorsitz ein sachkundiger Bürger innehaben solle. Und das wirke offenkundig motivierend, sagte Böck. Jetzt legt der Beirat für Inklusion ein Großprojekt hin, obwohl er erst 2020 aus dem Beirat für Senioren und Inklusion als eigenständiges Gremium hervorgegangen ist.

"Das Ganze ist nicht so schwierig, wenn man will"

Den Höhepunkt bildet am Donnerstag, 11. Mai, ein "Abend mit Theater und Musik" im Bürgerhaus, wo die Theatergruppe des Carl-Orff-Gymnasiums das Stück "Geheimnisse im Kopf" aufführt und das Kreativ-Labor der Pfennigparade die Musik beisteuert. Eine Besichtigung des Heilpädagogischen Zentrums Augustinum in Oberschleißheim ist für Dienstag, 9. Mai, geplant, ein Themenabend "Inklusion in der Arbeitswelt" am Mittwoch, 10. Mai, bei der VSB GmbH der Pfennigparade in Unterschleißheim.

Susanne Schmidt ist dort Betriebsleiterin. Als stellvertretende Vorsitzende im Beirat für Inklusion war sie Gierke zufolge die treibende Kraft, ohne die die Inklusionswoche nicht zustande gekommen wäre. Bei dem Termin in der Pfennigparade wird auch eine Fachkraft sprechen, die Arbeitgebern sagt, wie sie Menschen mit Behinderung für sich zu wertvollen Arbeitskräften machen. "Das Ganze ist nicht so schwierig", sagte Susanne Höppner von der Schreiner Group, "wenn man will."

Das Programm der "Woche der Inklusion" ist zu finden unter https://www.unterschleissheim.de/beirat-fuer-inklusion/woche-der-inklusion.html . Dort kann man sich unkompliziert anmelden.

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