Sie begann mit Landschaftsbildern und Menschenporträts. Ließ sich jedoch nicht nehmen, den Baum auch mal rot oder blau zu malen - realistische Malerei empfand sie auf Dauer als zu monoton. Mit dem Hang zum Ausgefallenen und ihrer Liebe zur Natur entwickelte die Unterschleißheimerin Christl Platte ihren eigenen Malstil: Auf großformatigen Leinwänden spielt sie mit dem Einsatz von Naturmaterialien - will eine Symbiose schaffen, die den Betrachter zur näheren Betrachtung auffordert. Erde, Sand und Baumrinde, das sind nur einige Materialien, die Platte bei Spaziergängen sammelt und für ihre Bilder verwendet. Aber auch Eierkartons, Kartoffel - und Zwiebelnetze sowie Toilettenrollen sind nicht sicher vor der Frau, die vorm Experimentieren nicht zurückschreckt. So auch in ihrer aktuellen Ausstellung "Kraftvolle Ruhe".
Anlass für die Werkschau im Bürgerhaus ist eine Art Jubiläum: 30 Jahre ist Platte nun schon als freischaffende Künstlerin in Unterschleißheim tätig. Die 35 Bilder zeichnen sich durch einen expressiven Malstil aus, sie entfalten dennoch eine gewisse Ruhe. Diese Ruhe schafft sie durch den Einsatz von maximal zwei kräftigen Farben. "Meine Bilder sind farbig, aber nicht bunt", betont Platte. Zudem erzeugt sie durch die verschiedenen Schichten Tiefe im Bild. Jeweils zwei bis vier Werke sind als Serien zusammengefasst. Sie gleichen sich in Farbe und Materialien. So nennt sie eine Strecke "Grüntee" - für die Struktur hat sie die Schwarzteereste ihres Mannes verwendet und mit grüner Farbe übermalt. In den Werken "Vulkanschwarz" verarbeitet sie ihren eigenen Kaffeesatz. Kunst sei nicht zum Anfassen da, sind viele überzeugt. Das gilt nicht bei Christl Platte. Sie selbst fordert die Betrachter dazu auf, die Bilder anzufassen.
Zu sehen sind im Bürgerhaus auch fünf viereckige Leinwände, die zu einem Strang zusammengefasst und mit Klettband festgemacht wurden. Je nach Belieben können Besucher die Leinwände austauschen. Kreativität, auf die Platte während des Schaffensprozesses setzt. "Vorher zu wissen, was am Ende vorliegt, ist nicht möglich", sagt sie. Sie gehe spielerisch an die Arbeit und lasse das Ganze auf sich zukommen. Was mit dem Sammeln der Materialien beginnt, aber gewiss nicht mit deren Einarbeiten auf den Leinwänden aufhört. Mit fertigen Farben male sie ungern, denn diese würden zu stark glänzen. Platte dagegen setzt auf selbstgemischte Farben, auch wenn die Hände nach einer achtstündigen Session schmerzen. Doch sobald sie Spachtel und Farbe in die Hand nimmt, verliert Platte sich im Schaffensprozess, der gern bis tief in die Nacht dauert. Es kommt dann auch mal vor, dass ihr Mann sie ins Bett tragen muss.
Die Ausstellung "Kraftvolle Ruhe" im Bürgerhaus Unterschleißheim dauert bis zum 8. November