Unterschleißheim:Wall und Bäume müssen weg

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Der Kampf um die Bäume war auch ein Kampf der Bilder. Diese von Tino Schlagintweit gefertigte Visualisierung soll zeigen, dass die Schule auch mit Gehölzwall gut sichtbar bliebe. (Foto: Tino Schlagintweit)

Trotz mehr als tausend Unterschriften: SPD und CSU schmettern einen Antrag der Grünen für Baumschutz an der Michael-Ende-Schule ab. Diese müssen sich den Vorwurf der Stimmungsmache machen lassen.

Von Bernhard Lohr, Unterschleißheim

Die mehr als tausend gesammelten Unterschriften für Baumschutz haben keinen Unterschied mehr gemacht: Der Wall am Münchner Ring in Unterschleißheim kommt weg, die 25 Bäume darauf werden gefällt. SPD, CSU und Freie Bürgerschaft Unterschleißheim haben am Donnerstagabend im Stadtrat den Dringlichkeitsantrag der Grünen mit 21 zu neun Stimmen abgeschmettert, der darauf abzielte, einen Ende November 2022 gefassten Beschluss aufzuheben, demzufolge an der neuen Michael-Ende-Grundschule an Stelle des Walls samt Bewuchs ein Vorplatz mit breiterem Fuß- und Radweg entstehen soll. Der Abstimmung war eine Kampagne der Grünen vorausgegangen. Beim Showdown im Stadtrat ernteten sie dafür Vorwürfe, sie hätten versucht, in der Bürgerschaft Stimmung zu machen.

Der Schulbau ist ein Großprojekt mitten im Zentrum. Für 74 Millionen Euro wird neben der alten Schule eine neue hochgezogen. Dafür müssen von 146 Bäumen etliche weg. Der Streit entzündete sich an Bäumen, die aus Sicht der Naturschützer "ohne Not", wie ÖDP-Stadtrat Bernd Knatz sagte, an der Straße abgeholzt werden sollen. Tino Schlagintweit (Grüne) kritisierte, es werde gewachsener Bestand geopfert, nur für einen breiteren Fußweg und eine freie Sicht auf das Gebäude. Die Stadt habe versäumt, die Bürgerschaft zu befragen. Das hätten die Grünen mit der Unterschriftenaktion nachgeholt. "Wir wussten nicht, was den Bürgern wichtig ist, den Anwohnern, den Eltern, den Schülern." Jetzt liege das auf dem Tisch.

Die Bäume, die von der Le-Crès-Brücke kommend linker Hand stehen, werden gefällt. (Foto: Robert Haas)

Doch SPD-Fraktionschef Thomas Breitenstein hielt Schlagintweit entgegen, es sei "keine Grundsatzentscheidung für oder gegen Bäume". Die SPD habe es sich nicht leicht gemacht. Es werde wieder viel Grün geben. Die Bäume auf dem Wall wiesen "kein gutes Wachstum" auf und würden durch große Bäume und eine "hochwertige Freiflächenplanung" ersetzt. Auch Martin Reichart (FB) betonte, es werde kräftig nachgepflanzt. Im rückwärtigen Bereich, im Schulhof werde "mindestens" Ersatz für die gefällten Bäume geschaffen. Reichart warf Schlagintweit vor, "unanständig" zu argumentieren, wenn er anführe, im Vorfeld der Entscheidung im November hätten Informationen über den Schulbau gefehlt.

Das politische Klima wird gerade rauer. Das zeigt sich auch auf Facebook, wo die CSU den Grünen "mangelnden Anstand" vorwirft, weil sie am Samstag parallel zur Beisetzung von Altbürgermeister Rolf Zeitler und unweit vom Ort der Trauer an der Bezirksstraße einen Infostand zum Baumschutz abgehalten hätten. Giftpfeile fliegen zwischen CSU und Grünen schon länger hin und her. Die CSU wirft den Grünen etwa vor, den Bürgerwunsch nach Reihen-, Einfamilien- und Doppelhäusern im geplanten Baugebiet Lohhof-Süd zu ignorieren. Stefan Diehl griff das auf und sprach von "fragwürdigem Vorgehen" bei der Baumschutz-Kampagne. Die Grünen ließen Bürgervoten nur dann gelten, wenn sie ihnen passten.

Bäume oder Topfpflanzen? Martin Reichart findet, dass die nachgepflanzten Bäume in der Visualisierung der Grünen zu klein aussehen. (Foto: Tino Schlagintweit)

Dabei war der Kampf um Bäume und Wall auch ein Kampf um Bilder. Tino Schlagintweit fertigte selbst am Rechner Ansichten mit und ohne Wall und Bäumen an, damit jeder sehe, was geplant ist. Im Stadtrat überraschte nun Bürgermeister Christoph Böck (SPD) mit einer Ansicht, die er von den Planern erstellen ließ und die ohne Wall und nach den Fällungen relativ hohe Bäumen und viel Grün zeigte. Böck sagte, es würden Bäume mit 35 bis 40 Zentimeter Stammumfang nachgepflanzt, neun Meter hoch. Schlagintweit rief dazwischen: "Niemals sind das frisch gepflanzte Bäume." Reichart fand dagegen, dass bei Schlagintweit die nachgepflanzten Bäume wie "Topfpflanzen" ausgesehen hätten. Mit den Grünen und der ÖDP stimmten FDP und AfD.

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