Wer nach einem hervorragenden Stück Fleisch sucht, würde wahrscheinlich nicht in einem Seniorenheim nachsehen. Doch im KWA-Stift am Parksee in Unterhaching gibt es den "besten Schweinebraten Bayerns". Zumindest, wenn man dem dortigen Küchenchef Jesco Schambach glaubt. Der 33-Jährige hat in seiner jungen Karriere bereits viel geschafft, war mehrfach als Experte im Fernsehen zu sehen, leitete die Küche in einem Biohotel und wurde für seine dortige Arbeit mit dem Grünen Michelin Stern ausgezeichnet.
Um mehr Zeit für seine Familie zu haben, trat er 2020 seine neue Stelle in der Seniorenresidenz in Unterhaching an. Dabei brachte er auch das Rezept für seinen Schweinebraten mit, das er aber lieber für sich behält: "Da stecken drei Monate Entwicklungsarbeit drin, Details gebe ich ungern preis", so Schambach. Dann verrät er aber zumindest etwas: "So viel kann ich sagen: Die Zubereitung dauert lang, da das Fleisch bei niedrigen Temperaturen gart." Neben ihm würden noch "die Jungs" - seine frisch gebackenen Gesellen, Mario Peramezza und Jonas Muchan - das Geheimnis kennen. Für Muchan ist besonders eine Sache entscheidend: "Den Braten macht aus, dass jede Scheibe die perfekte Kruste mit der perfekten Konsistenz hat", sagt der Jungkoch.
Dieses Urteil kann man beim Probieren nur bestätigen. Die Kruste knuspert, ist aber nicht zu hart, der Fettrand darunter nicht zu dick. Beim Schneiden flutscht das Messer durch das helle Fleisch der reschen Schweineschulter. Wer dazu die Dunkelbier-Jus, Balsamico-Blaukraut und ein Stück Senf-Serviettenknödel auf die Gabel nimmt, bekommt die perfekte Mischung der fünf Geschmacksrichtungen: süß und sauer im Kraut, salzig vom Fleisch, bitter mit der Soße und würzig (umami) aus dem Knödel. Die Garnitur mit Brotchips bildet das i-Tüpfelchen des Gerichts.
Doch nicht nur das Anrichten und der Geschmack sind anders, als man es in einem Seniorenheim erwarten würde. Nach ihrer Ausbildung hat Küchenchef Schambach seinen Gesellen Aufgaben zugeteilt, damit das Essen im Stift "zum Erlebnis" wird: An einer Kochinsel im Tagespflege-Bereich bietet Muchan Kochkurse für die Bewohner und bald auch deren Angehörige an. Peramezza unterstützt bei der Ausbildung neuer Lehrlinge. Draußen möchte das Team einen Garten anlegen, um mit den Senioren Gemüse ernten und bei Grillfesten direkt verwerten zu können. In anderthalb Jahren soll eine kernsanierte Küche eingeweiht werden. Durch den Front-Cooking-Bereich können Gäste dann beim Zubereiten der Speisen zuschauen. Das Team will sich außerdem darauf vorbereiten, seine Türen auch für externe Gäste zu öffnen. "Momentan schauen wir ein bisschen neidisch zur Jochen Schweizer-Welt. Das Mittagsgeschäft, was dort mit ganz einfachen Gerichten läuft, würde auch hier gut mit der schönen Terrasse funktionieren", so Küchenleiter Schambach. Auch jetzt schon kann man mit Voranmeldung im Stift am Parksee essen, einige Bewohner bringen regelmäßig ihre Verwandten zum Sonntagsbraten mit.
Bedauerlicherweise war in einer ersten Fassung der Name von Küchenchef Jesco Schambach zweimal falsch geschrieben.
