Unterföhring/Ottobrunn:Swinging Landkreis

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Jazz-Fans haben Mitte Juli die Wahl zwischen zwei Festivals in Unterföhring und Ottobrunn mit international bekannten Musikern

Von Udo Watter, Unterföhring/Ottobrunn

Das österreichisch-schweizerische Trio Rom, Schaerer, Eberle gehört wohl zu den originellesten, virtuosesten und draufgängerischsten Formationen des europäischen Jazz. Seit der Gründung des Ensembles 2009 haben Gitarrist Peter Rom, Sänger Andreas Schaerer und Trompeter Martin Eberle die Szene mit ihrer frechen, unverbrauchten Herangehensweise, ihrer formidablen Musikalität und einer Portion Improvisations-Irrsinn aufgemischt.

Joe Lovano, Dave Liebman und Greg Osby kommen dagegen aus dem Land, das die Wiege des Jazz ist, und den drei US-amerikanischen Saxofonisten kann man durchaus Legendenstatus attestieren. Auch Phil Markovitz (Piano), Cecil McBee (Bass) und Billy Hart (Drums) sind Koryphäen und haben als Virtuosen die New Yorker Szene mitgeprägt. Diese sechs renommierten Musiker eröffnen am Freitag, 14. Juli, als "Allstar-Band aus New York City" das 1. Jazzfest Ottobrunn im Wolf-Ferrari-Haus. Am selben Tag gestalten Rom, Schaerer, Eberle das Auftaktkonzert des Jazz Weekend Unterföhring im dortigen Bürgerhaus.

Jazz-Größen aus den USA und Europa beehren den Landkreis: Joe Lovano, stilprägender Tenor-Saxofonist, gastiert in Ottobrunn. (Foto: Jimmy Katz)

Man kann also behaupten: Auch kurz hinter den Münchner Stadtgrenzen geht es wieder ganz schön ab. Oder anders formuliert: Jazz-Liebhaber können an jenem Juli-Wochenende im Landkreis aus einem Angebot von Konzerten wählen, die allesamt höchstes musikalisches Niveau versprechen. "Wir hatten ja schon viele tolle Stars, aber das ist schon eine besondere Nummer", sagt Cornelius Claudio Kreusch, der mit seinem Bruder Johannes Tonio die Ottobrunner Konzerte organisiert, über die New Yorker Allstars. Joe Lovano wurde vom amerikanischen Downbeat Magazin, dem Jazz-Magazin mit der weltweit höchsten Auflage, wiederholt zum Musiker des Jahres gewählt. Nicht nur er hat mit Größen wie Herbie Hancock oder Dave Brubeck zusammengespielt, auch David Liebmann wurde bekannt durch seine Zusammenarbeit mit Miles Davis oder Chick Corea. Phil Markovitz war Begleiter von Chet Baker oder Lionel Hampton, Billy Hart hat ebenfalls mit Miles Davis zusammengearbeitet, Greg Osby unter anderem mit Dizzy Gillespie und Cecil McBee mit Art Pepper. "Das sind alles Leader. Und jetzt spielen sie in einer Band zusammen. Ich bin sehr gespannt", sagt Cornelius Kreusch.

Auch das zweite Konzert des Jazzfests am Samstag kann mit einem großen Namen aufwarten: Im Ratssaal des Wolf-Ferrari-Haus wird die japanische Ausnahmepianistin Aki Takase mit ihrem Trio um Jan Roder und Oliver Steidle das Publikum auf eine wilde Reise zwischen Jazz und Avantgarde mitnehmen. Die seit 1987 in Berlin lebende Takase hat bislang sieben Mal den Preis der Deutschen Schallplattenkritik verliehen bekommen und war Preisträgerin des SWR-Jazzpreises. Im Foyer wird es eine Jazz-Fotoausstellung und Präsentation alter Vinyl-Platten des Münchner Enja-Labels geben. Im Anschluss an die Veranstaltungen können - wie immer bei den Ottobrunner Konzerten - die Künstler unter dem Motto "Meet the Artist" zu ihrem Leben und Werk befragt werden.

Das österreichisch-schweizerische Trio Rom, Schaerer, Eberle tritt in Unterföhring auf. (Foto: Reto Andreoli)

In Unterföhring ist das Programm einen Tick umfangreicher: Am Samstag, 15. Juli, gastiert das Ensemble "Leveleleven" im Bürgerhaus. Die elfköpfige Gesangsformation ist eine Fusion aus den skandinavischen A-cappella-Gruppen The Real Group aus Schweden und Rajaton aus Finnland, die sich 2013 zusammenschlossen. Ihre Auftritte entfalten nun einen geradezu orchestrale, stimmgewaltigen A-cappella-Sound, wobei die stilistische Bandbreite von Pop über Jazz bis Weltmusik reicht. Dabei sind die Arrangements fein differenziert und die Songs oft äußerst gefühlvoll vorgetragen. Für dieses Konzert gibt es freilich nur noch wenige Restkarten. Auch für das Konzert von Rom, Schaerer, Eberle sollte man sich beim Ticketerwerb umtun. Auffälligster Protagonist dürfte der Schweizer Andreas Schaerer sein: Sänger, Geräusch-Improvisator, Human-Beatboxing-Meister und 2015 Gewinner des Echo-Jazz-Award als Sänger des Jahres international. Die Bezeichnung "Stimmakrobat" mag er zwar nicht, da es für ihn etwas zirkushaftes hat, aber phänomenal ist es schon, was er aus seiner Stimme und als Improvisator herausholt. "Ich habe schon als Kind angefangen, die Stimme spielerisch zu nutzen. So habe ich viele Stimmsounds wie die Mundperkussion entwickelt, ohne zu realisieren, dass ich übe." Später hat er Jazzgesang studiert, sich technisch weiter entwickelt, neue akustische Ebenen erschlossen und mit Musikern wie Bobby McFerrin zusammengearbeitet.

Einen Tag vor dem Konzert von Rom, Schaerer, Eberle, die ihr aktuelles Programm "Apres nous le déluge" ("Nach uns die Sintflut") vorstellen, gibt es schon ein Kinderkonzert im Rahmen des Jazz-Weekends. "Matze, Mütze und der blaue Ball" heißt die Produktion für Kinder von drei bis zehn Jahren - ein Konzert zum Mitsingen und Mitswingen am Donnerstag, 13. Juli, in der Schulaula. Es beginnt um 15 Uhr.

Zum Abschluss spielt am Sonntag, 16. Juli, der israelische Shooting Star Gadi Lehavi mit seinem Trio von 11 Uhr an am S-Bahnhof. Auch er hat schon mit Größen wie Chick Corea, Bobby McFerrin oder Dave Liebman - der am Freitag in Ottobrunn auftritt - zusammengespielt. Jazz-Liebhaber, die ihn sehen und hören wollen, müssen nicht mal in die Tasche greifen - hier ist der Eintritt frei.

Informationen zum und Karten für das Ottobrunner Jazzfest gibt es unter www.ottobrunner-konzerte.com oder Telefon 089/60 80 83 02, für das Unterföhringer Jazz-Weekend unter www.unterfoehring.de. oder Telefon 089/95 08 15 06 . Im Unterföhringer Bürgerhaus wird bereits diesen Freitag, 7. Juli, zudem die Ausstellung "Jazz - Live, Keys& Sticks" mit Bildern des Fotografen Thomas J. Krebs eröffnet. Sie dauert bis zum 5. August.

© SZ vom 05.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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