Unterföhring:Kämpfen bis der Arzt kommt

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Unterföhring ist die kinderreichste Kommune im Landkreis München. Trotzdem verweigert die Kassenärztliche Vereinigung die Zulassung für eine Fachpraxis. Bürgermeister Kemmelmeyer will sich das nicht gefallen lassen.

Von Sabine Wejsada, Unterföhring

"Ich verstehe nicht, wie Unterföhring als kinderreichste Kommune im ganzen Landkreis München mit Kinderärzten überversorgt sein soll, wenn wir keinen haben." Der Ärger über neuerliche abschlägige Antworten der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern (KVB) und des bayerischen Gesundheitsministeriums war Bürgermeister Andreas Kemmelmeyer (Parteifreie Wählerschaft Unterföhring, PWU) anzumerken, als er am Mittwochabend im Gemeinderat von einem Schreiben aus dem Ressort von CSU-Ministerin Melanie Huml berichtete. "Das werden wir uns nicht gefallen lassen", versicherte der Rathauschef.

Seit vielen Jahren bemüht sich die Gemeinde am Münchner Stadtrand um die dauerhafte Ansiedlung eines Kinderarztes. Bislang vergebens. Zwar haben die Mediziner Bernd Simon und Philipp Schoof, die an der Cosimastraße in München eine Kinder- und Jugendarzt-Praxis betreiben, im August 2013 eine Filiale an der Föhringer Allee 5 in Unterföhring eröffnet, allerdings handelt es sich dabei um eine Akut-Praxis, die nur vormittags zur Verfügung steht, wie Kemmelmeyer sagte.

Gerade die große Zahl ganz kleiner Kinder hatte die beiden Münchner Ärzte dazu bewogen, den Schritt über die Stadtgrenze zu tun. Viele der Patienten der Praxis an der Cosimastraße stammten aus Unterföhring, hätten in der Vergangenheit nach Oberföhring kommen müssen, was vor allem berufstätige Eltern viel Zeit gekostet habe, wenn die Kleinen mit Schnupfen oder Husten zum Beispiel einen Nachweis zum unproblematischen Krippenbesuch gebraucht hätten.

Bei den derzeit laufenden Planungen für eine neue Unterföhringer Ortsmitte in Bahnhofsnähe ist die medizinische Versorgung von Kindern mit der Schaffung einer Praxis erneut in den Mittepunkt gerückt. Bürgermeister und Verwaltung haben sich wegen des dringenden Wunsches mit dem bayerischen Gesundheitsministerium in Verbindung gesetzt - und wiederum eine Absage kassiert.

Unterföhring sei "statistisch überversorgt", zitierte der Bürgermeister aus dem Schreiben, sodass die Zulassung eines Fachmediziners im Gemeindebereich nicht möglich sei. Der Versorgungsgrad mit Kinderärzten liege im Landkreis München sogar bei 144,9 Prozent, heißt es.

Nach Mitteilung der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB) gebe es eine Vielzahl von Versorgungsangebote in zumutbarer Entfernung: Im 5,5 Kilometer entfernten Nachbarort Ismaning oder im jeweils elf Kilometer entfernten Aschheim und Garching gebe es vier Kinderarztpraxen. Berücksichtigen muss man laut KVB zudem die Kinderärzte im nahen München; eine Vielzahl davon liege in einer Entfernung von "unter zehn Kilometern". Nach Recherchen der KVB sollen sowohl die Praxen in Freimann und Bogenhausen als auch jene in Ismaning, Garching und Aschheim freie Behandlungskapazitäten für Unterföhringer Patienten haben. Doch nicht jeder sei mobil, wandten die Gemeinderäte ein. "Vollkommen unverständlich" nannte Kemmelmeyer die Haltung von Ministerium und Kassenärztlicher Vereinigung. Den Hinweis des Ministeriums, dass sich gerade kleinere Kommunen wie Unterföhring an das eigens eingerichtete Kommunalbüro wenden könnten, um sich dort "Beratung und Unterstützung bei der Herausforderung der Sicherstellung der ärztlichen Versorgung vor Ort holen zu können", beschieden die Lokalpolitiker mit Gelächter. Man brauche keine Tipps, sondern einen Kinderarzt, hieß es. Die Gemeinde habe mehr als 11 000 Einwohner und so viele Kinder wie keine andere Kommune im Landkreis. Das wisse man wohl an höherer Stelle nicht, mutmaßte der Bürgermeister und kündigte an: "Wir geben nicht auf."

© SZ vom 13.02.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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