Unterföhring:Gerangel um die Bau-Kompetenz

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Der Gemeinderat beschließt mehrheitlich, die Gründung einer "Bau- und Entwicklungsgesellschaft" zu prüfen, um das Rathaus zu entlasten. Kritiker wollen dieses wichtige Themengebiet jedoch nicht aus der Hand geben.

Von Sabine Wejsada, Unterföhring

Unterföhring denkt über die Gründung einer kommunalen Bau- und Entwicklungsgesellschaft nach. Gegen die Stimmen von SPD und Grünen hat der Gemeinderat in seiner Sitzung am Mittwochabend beschlossen, eine Fachkanzlei mit der Prüfung eines solchen Vorhabens zu beauftragen.

Der Antrag für das Projekt stammt von der CSU-Fraktion im Gremium. Während Bürgermeister Andreas Kemmelmeyer (Parteifreie Wählerschaft Unterföhring, PWU) und seine Gruppierung ganz angetan waren, lehnten sowohl SPD als auch die beiden Grünen-Gemeinderäte den Antrag entschieden ab.

Eine Bau- und Entwicklungsgesellschaft soll das Rathaus entlasten

Wie Zweite Bürgermeisterin Betina Mäusel (CSU) erläuterte, geht es ihrer Partei darum, den Wohnungsbau im Ort anzuschieben und das Bauamt im Rathaus bei weiteren Projekten zu unterstützen. Bekanntlich ächzt die Unterföhringer Verwaltung unter den vielen Vorhaben, die der Gemeinderat in den vergangenen Jahren beschlossen hat, sodass die Lokalpolitiker eine Prioritätenliste mit den wichtigsten Maßnahmen auflegten. Mit einer Bau- und Entwicklungsgesellschaft, die ähnlich wie der kommunale Energieversorger Geovol aufgestellt werden könnte, würde das Rathaus entlastet, so Mäusel.

"Eine der wichtigsten Aufgaben der kommunalen Daseinsvorsorge ist die Versorgung der Bevölkerung mit bezahlbarem Wohnraum", heißt in dem Antrag der CSU-Fraktion. Um dieser Pflicht gerecht werden zu können, hält die Gemeinde Unterföhring zum Beispiel eine Beteiligung an der Baugesellschaft München Land GmbH (BML).

Nach den Worten des Bürgermeisters befinden sich 480 Wohnungen in Gemeindebesitz, man sei also an sich sehr gut aufgestellt. Dennoch reichen die bezahlbaren Wohnungen auch in der Stadtrandkommune längst nicht mehr aus, was zum Beispiel die Flut an Anträgen zeigt, wenn eine erschwingliche Wohnung ausgeschrieben ist.

Auch die Möglichkeit einer Genossenschaft soll geprüft werden

Für die CSU ist die Gründung einer kommunalen Gesellschaft zuletzt auch aufgrund der aktuellen Auslastung der BML wünschenswert, weil "eine zügige Realisierung der vom Gemeinderat beschlossenen Bauvorhaben im Wohnungsbau nicht zu erwarten" sei, so der Antrag. Darüber hinaus binden die von den Lokalpolitikern beschlossenen Projekte wie etwa Abriss und Wiederaufbau des Gockl-Wirts, die Verlegung des Rathauses in die neue Ortsmitte sowie die Erweiterung der Feuerwehr auf Jahre hinaus die Kapazitäten in der Gemeindeverwaltung.

"Der CSU-Ortsverband Unterföhring hält es deshalb wohnungspolitisch für sinnvoll, eine kommunale Bau- und Entwicklungsgesellschaft zu gründen." Die rechtlichen, organisatorischen und wirtschaftlichen Voraussetzungen und Bedingungen sollen nun nach Mehrheitsbeschluss geprüft werden, auch unter dem Gesichtspunkt einer möglichen Bürgerbeteiligung beispielsweise in einer Genossenschaft.

Die Unterföhringer SPD lehnte dieses Ansinnen entschieden ab. Nach den Worten von Andreas Post "gehören Wohnungsbau und Ortsentwicklung zu den primären Aufgaben des Gemeinderats". Mit der Gründung einer Entwicklungs- und Baugesellschaft, die einen Geschäftsführer und Aufsichtsräte brauche, die bezahlt werden müssten, gerieten die Lokalpolitiker bei diesen wichtigen Entscheidungen ins Hintertreffen: "Wir erfahren alles nur noch aus zweiter Hand."

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Für Post hinkt zudem der Vergleich mit der Geovol, einer hundertprozentigen Tochter der Gemeinde. Bei der Geothermie sei Expertenwissen erforderlich, beim Wohnungsbau nicht. Für geradezu "zynisch" hält Post den Hinweis der CSU, die Mitarbeiter in einer etwaigen Gesellschaft könnten eine übertarifliche Bezahlung erhalten. "Da schaffen Sie ein Zwei-Klassen-System", kritisierte Post.

SPD und Grüne sprechen sich klar gegen den Vorschlag aus

Unterstützung erhielt die SPD von Grünen-Gemeinderätin Gisela Fischer: "Wir dürfen das Bauen nicht aus der Hand geben, das ist unsere ureigenste Aufgabe", sagte sie. Unterföhring sollte sich vielmehr überlegen, eine Gesellschaft zur Verwaltung seiner Liegenschaften zu gründen. "Da wäre ich dabei."

Thomas Weingärtner (SPD) sieht nur Nachteile durch die Gründung einer Bau- und Entwicklungsgesellschaft: "Wir sehen keinen Cent und entziehen unserem Verwaltungshaushalt auch noch die Einnahmen durch die Mieten." Und: Wenn das Bauamt zu wenig Mitarbeiter habe, dann hätte der Gemeinderat im Stellenplan neue Posten schaffen müssen. "Oder man stellt weniger wichtige Projekte wie den Feststadl und den Gockl-Wirt zurück", assistierte Weingärtners Fraktionskollege Post. Dann würden Kapazitäten frei für den Wohnungsbau.

Johannes Mecke (Grüne) empfahl, dass Unterföhring über die Gründung von Baugenossenschaften nachdenken solle, die bezogen auf einzelne Grundstücke auf den Plan treten könnten. Dem weiter gefassten CSU-Antrag verweigerte auch er seine Zustimmung, so ging es 15 zu zehn aus.

© SZ vom 15.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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