Umstrittene Verordnung:Trinken bleibt auch für junge Leute erlaubt

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Die Straßlacher Gemeinderäte entscheiden sich gegen ein Alkoholverbot vor dem Bürgerhaus - auch weil sie selbst betroffen wären

Von Claudia Wessel, Straßlach-Dingharting

In Straßlach-Dingharting darf man es auch weiterhin wagen, unter freiem Himmel in der Nähe der Grundschule oder des Bürgerhauses ein Bier mit sich herumzutragen und hin und wieder einen Schluck daraus zu nehmen, ohne dass die Polizei kommt. Dafür hat die Mehrheit im Gemeinderat am Mittwochabend gesorgt.

Die Verwaltung unter dem parteifreien Bürgermeister Hans Sienerth hatte die Idee gehabt, die am 18. August von der Staatsregierung erlassene Alkoholverbotsverordnung auch für die eigene Gemeinde zu nutzen. Zwar gibt es vielbevölkerte öffentliche Plätze in Straßlach, Groß- und Kleindingharting eher nicht: "Da fiele mir nur der Platz vor dem Edeka ein", sagte Sienerth in der Sitzung. Stattdessen dachte er daran, alte Probleme mit der neuen Möglichkeit in den Griff zu bekommen, nämlich den des öfteren auftretenden Vandalismus vor dem Bürgerhaus, wo sich Jugendliche treffen und auch Alkohol trinken.

In der Gemeinderatssitzung legte die Verwaltung also einen Entwurf vor für eine heimische Alkoholverbotsordnung "auf den Wegen und Plätzen vor und rund um die Georg-Preller-Grundschule" und "vor und rund um das Bürgerhaus in der Schulstraße". Auf die Idee hatte Sienerth wohl nicht zuletzt die Polizei gebracht, die gesagt habe: "Da hätten wir etwas in der Hand." Sienerth betonte zwar: "Wir wollen jetzt nicht wie der Söder alle möglichen Verordnungen erlassen." Trotzdem warb er für die Idee.

Paragraf drei des Entwurfs für die Alkoholverordnung sollte die Ausnahmen regeln. "Wenn wir wieder mal im Bürgerhaus tagen", erklärte Sienerth, "und dann mit der Bierflasche rausgehen, machen wir uns ja sonst strafbar." Niko Stoßberger, CSU-Gemeinderat und Vorsitzender des SV Straßlach, machte darauf aufmerksam, dass die trainierenden Sportler ebenfalls zahlreiche Ausnahmen bräuchten, denn viele von ihnen gingen in Raucherpausen hinaus und tränken dabei auch einmal ein Bier. Albert Geiger (Bayernpartei) schlug vor, eine Raucherecke einzuzeichnen, in der man dann auch trinken dürfte.

Deutlicher Widerspruch zu der ganzen Idee kam etwa von Reinhold Lang (CSU): "Ich bin nicht dafür gewählt worden, um Verordnungen zu machen. Das ist mit dem freiheitlich-demokratischen Gedanken nicht vereinbar." Frank Ritter (Unabhängige Wählervereinigung) bezweifelte, dass der Vandalismus mit dem Alkoholverbot abgeschafft werden könne. Auch zahlreiche andere Gemeinderäte sprachen sich dagegen aus. Ritter und andere schlugen vor, lieber eine konstruktive Lösung zu finden, also bessere Angebote für die Jugendlichen, die sich offenbar langweilten und dann vor dem Bürgerhaus herumlungerten. Sabine Hüttenkofer (Grüne) sagte, Jugendliche ab 16 Jahren ziehe es ohnehin nach München, man solle die Verkehrsanbindung verbessern.

"Der Wodka-Puschkin-Fleck auf den Steinstufen des Bürgerhauses ist immer noch zu sehen", sagte Bürgermeister Sienerth. Er erwähnte auch nochmals die frühere Ablehnung einer Videoüberwachung dieser von Vandalismus gefährdeten Orte durch den Gemeinderat und ließ durchblicken, dass ihm die Alkoholverbotsordnung gut gefallen hätte. Doch nur vier der 16 Abstimmungsberechtigten waren dafür

© SZ vom 23.10.2020 / . - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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