Trinkwasser:Vieles im Fluss

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Weil Garmisch den Kommunen im Münchner Südosten das Wasser aus dem Loisachtal abdrehen möchte, suchen diese nach Alternativen. Ottobrunn erwägt, sich komplett aus dem Höhenkirchner Forst zu versorgen und zudem den Stadtwerken das Leitungsnetz abzukaufen.

Von Martin Mühlfenzl, Ottobrunn/Neubiberg

Beim Wasser sind nicht alle gleich. Nass werden zwar alle - auch in Ottobrunn. Doch bei einem Blick in den Geldbeutel gibt es gravierende Unterschiede. Wer im Westen der S-Bahn wohnt, zahlt für den Kubikmeter derzeit 1,15 Euro, im Osten sind für dieselbe Menge 1,67 Euro zu berappen. Doch das könnte sich in nicht allzu ferner Zukunft ändern, wenn alle Ottobrunner Haushalte mit demselben Wasser versorgt werden. Zwar ist wenig wahrscheinlich, dass die Bürger im Westen der Gemeinde dann weniger zahlen; ein Preisnachlass auf der anderen Seite ist dagegen nicht auszuschließen.

Derzeit beliefern die Stadtwerke München den östlichen Teil Ottobrunns mit dem teureren Wasser vornehmlich aus dem Loisachtal - der Westen erhält sein Trinkwasser durch den Eigenbetrieb Wasserversorgung, der dieses aus einem Brunnen der Nachbargemeinde Hohenbrunn im Höhenkirchner Forst bezieht. 60 Prozent des dort geförderten Wassers werden nach Ottobrunn gepumpt.

Nun hat vor bald einem Jahr der Landkreis Garmisch-Partenkirchen angekündigt, dem Münchner Umland gewissermaßen den Hahn abzudrehen. Geht es nach den dortigen Kommunalpolitikern, soll vom Jahr 2026 an nur noch die Landeshauptstadt selbst mit Wasser aus dem Loisachtal beliefert werden - nicht aber Gemeinden im östlichen Landkreis München wie Ottobrunn, Neubiberg und Unterhaching. Das hat viel mit dem geltenden Wasserhaushaltsgesetz zu tun, das Kommunen verpflichtet, ihren Wasserbedarf zunächst ortsnah zu sichern. Ein Bürgermeister aus dem Osten des Landkreises München bezeichnet die Entscheidung im Garmischer Kreistag als "Kleinkariertheit".

Die Wasserquelle Münchens: das Loisachtal. (Foto: Hartmut Pöstges)

Wasser ist ein Geschäft. Ein sehr lukratives für die Versorger und in vielen Fällen ein sehr teures für die Kommunen. Und oft ist es undurchschaubar. Denn es geht nicht nur darum, woher das Wasser kommt und wohin es fließt - entscheidend ist auch, durch welche Leitungen es gepumpt wird und wem diese gehören.

Ein Brunnen in Unterhaching ist eher unwahrscheinlich

Die Gemeinden Neubiberg und Unterhaching etwa werden ebenso wie der Osten Ottobrunns von den Münchner Stadtwerken versorgt - und in beiden Kommunen gehört den SWM das Netz. Verantwortlich für die Versorgung aber sind letztendlich die Gemeinden selbst. Daher haben beide Rathäuser sofort nach der Entscheidung des Garmischer Kreistags Klage eingereicht. "Pro forma", sagt Unterhachings Wirtschaftsreferent Simon Hötzl. "Wir müssen uns absichern. Denn sollte kein Wasser mehr aus dem Loisachtal kommen, brauchen wir Vorlauf für Alternativen." Eine könnte ein eigener Brunnen auf Unterhachinger Gemeindegebiet sein. "Eher unwahrscheinlich", sagt dazu Hötzl. Ein bestehender Brunnen in Hohenbrunn? "Sehr weit weg." Oder als dritte Alternative ein neuer Brunnen auf fremdem Grund mit Leitungen, die Unterhaching bezahlen müsste. "Schwierig zu realisieren und wahrscheinlich ungeheuer teuer."

Was also passiert, wenn keine dieser Möglichkeiten zum Tragen kommt? "Dann ist der Gesetzgeber am Zug und es bleibt wohl alles beim Alten", sagt Neubibergs Bürgermeister Günter Heyland. "Es ist bei allen Alternativen zu prüfen, ob sie zumutbar, machbar und bezahlbar sind. Wenn dem nicht so ist, muss Garmisch weiter liefern." Zunächst, sagt Heyland, sei die Ankündigung aus Garmisch-Partenkirchen ja ein "reiner Verwaltungsakt". "Dass kein Wasser mehr fließt, ist vollkommen ausgeschlossen." Dass sich Neubiberg und Unterhaching mit diesem Thema intensiv beschäftigen, liegt laut Heyland auch an bürokratischen Hürden und Gesetzmäßigkeiten: "Wenn wir zum Beispiel doch Brunnen erschließen und Leitungen bauen müssten, wird alles sehr lange dauern."

"Alles ist wie immer eine Frage des Preises."

Vor diesen Hürden steht die in Wasserfragen zweigeteilte Gemeinde Ottobrunn indes nicht. Deren Bürgermeister Thomas Loderer sieht aber eine andere Herausforderung. Wenn aus dem Loisachtal kein Wasser mehr kommen sollte, wäre es von Vorteil, den Stadtwerken das Netz im östlichen Gemeindegebiet abzukaufen. Dann würde Ottobrunn seinen gesamten Wasserbedarf über Brunnen aus dem Höhenkirchner Forst decken; entsprechende Verhandlungen mit Hohenbrunn würden bereits geführt. Ebenso habe es Vorgespräche mit den SWM gegeben - bisher ohne konkrete Ergebnisse. "Alles", sagt Loderer, "ist wie immer eine Frage des Preises". Dass die SWM diesen sehr hoch ansetzen könnten, schließt er aber aus: "Die SWM haben in den letzten Jahrzehnten wenig bis gar nichts in das Netz investiert. Ich gehe nicht davon aus, dass es im besten Zustand ist. Wir aber tun etwas."

Mittlerweile kümmern sich in Ottobrunn zwei Angestellte um das Netz im Westen. "Das ist der Vorteil, sie kennen sich aus und haben ein Auge auf alles, was wichtig ist", sagt Loderer. Und das Wasser, so der Rathauschef, sei nicht nur günstiger, sondern von der Qualität her auch nicht schlechter als aus dem Loisachtal.

© SZ vom 04.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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