Trafohäuschen:Moderne trifft Historie

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Sinnestäuschung: Am Ortspark in Unterhaching scheint der alte Straßmairhof zu stehen. (Foto: Angelika Bardehle)

Die Bayernwerk AG und ein Fassadenkünstler machen es möglich: In Unterhaching entsteht nach dem abgerissenen Straßmaierhof nun auch die alte Jahnschule neu - als Graffiti-Werk auf einem Trafohäuschen.

Von Michael Morosow, Unterhaching

Die alte Jahnschule ist Geschichte. 1930 erbaut, wurde sie 1987 Opfer der Abrissbirne. Reste von ihr, so etwa die vier großen Uhren, die einst den Dachturm kleideten, können im Unterhachinger Heimatmuseum besichtigt werden. Vor wenigen Tagen aber ist das alte, ehrwürdige Gebäude wieder neu errichtet worden, wenn auch nicht maßstabsgetreu.

Und es waren auch keine Maurer und Zimmerer, die das bewerkstelligten, sondern der Potsdamer Fassadenkünstler Markus Ronge. Der professionell arbeitende Sprayer von der Firma Art-EFK hat auf Rechnung der Bayernwerk AG das Transformatorenhäuschen an der Ecke Pittinger-/Stresemannstraße zu einem Ort der Erinnerung gemacht, mit bunten Farben aus der Spraydose und mit viel Geschick.

Der Künstler hat sich an allen vier Seiten des Trafohäuschens zu schaffen gemacht; auf der zur Straße hingewandten Seite macht der bunte Schriftzug "Unterhaching" die Passanten neugierig. Auf die anderen drei Seiten hat Ronge alte Ansichten des Schulhauses von 1930 bis zum Abriss gesprüht und auch den Neubau nicht vergessen. Und damit das Gesamtkunstwerk ein wenig lebendiger wirkt, grüßen verschiedene Schülergenerationen in zeitgemäßer Kleidung und in Begleitung ihrer Eltern von der Fassade.

Heimatpfleger Staudter hat die Malvorlage herausgesucht

Bürgermeister Wolfgang Panzer (SPD) und Heimatpfleger Günter Staudter zeigten sich am Mittwoch von dem Illusionskunstwerk sehr angetan, als sie mit Bayernwerk-Kommunalbetreuerin Silke Mall und Pressevertretern zur Begutachtung der "Jahnschule" zusammenkamen. "Das einzige, das stört, ist der Rauputz", sagte Staudter, der als Malvorlage für den Künstler alte Ansichten der Jahnschule aus seinem Fundus herausgesucht hatte. Und wie zur Bestätigung dafür, dass es sonst nichts auszusetzen gibt an der Arbeit des Fassadenkünstlers, fährt ein Autofahrer zuerst daran vorbei, legt den Rückwärtsgang ein, betrachtet die Spraybilder und fährt davon, den Daumen demonstrativ nach oben gehalten.

Die Bayernwerk AG hat in den vergangenen Jahren schon mehrere Dutzend Trafohäuschen innerhalb ihres Netzgebietes von professionellen Sprayern künstlerisch verschönern lassen. In Unterhaching nun schon zum zweiten Mal. Im Oktober 2011 hatte der Netzbetreiber der Gemeinde erstmals das Angebot gemacht, eine Trafohäuschen künstlerisch gestalten zu lassen, worauf Heimatpfleger Staudter Bürgermeister Wolfgang Panzer vorschlug, dem nur ein Jahr zuvor abgerissenen denkmalgeschützten Straßmayerhof ein bleibendes Denkmal zu setzen. Auch damals war es der Potsdamer Fassadenkünstler Markus Ronge, der dafür nach Unterhaching reiste.

Hommage an die Jahnschule: Markus Ronge (vorne) und Hanno Fennel erinnern an der Stresemannstraße an die abgerissene Schule. (Foto: Angelika Bardehle)

Keine Schmierereien mehr

Ein passendes "Trafoheisl" fand sich am Ortspark an der Wallbergstraße, das wie einst der Straßmayerhof ein Satteldach hat. Im Juni 2012 verwandelte Ronge nach Bildvorlagen des Heimatpflegers diese Trafostation in ein dem Straßmayerhof gleichendes Bauernanwesen. Für Staudter, der den Abriss des alten Hofes als Tiefpunkt seines bisherigen Wirkens als Heimatpfleger bezeichnet, war diese Aktion Seelenbalsam, und auch das Ordnungsamt freute sich: "Wir haben eine positive Erfahrung gemacht. Seit das Trafohäuschen bemalt ist, gibt es keine Schmierereien mehr", berichtete Bürgermeister Wolfgang Panzer.

So hatte er abermals ein offenes Ohr, als sich Bayernwerk-Kommunalbetreuerin Silke Mall abermals im Unterhachinger Rathaus meldete. Die Idee von Staudter, diesmal die Jahnschule zu Ehren kommen zu lassen, habe er gut gefunden, sagte Panzer, der die alten Gemäuer noch aus seiner Grundschulzeit kennt. Und wie das Satteldach des Trafohäuschen am Ortspark zum Straßmayerhof, so passt das Walmdach an der Pittingerstraße zum alten Schulgebäude. Sogar ein kleines Türmchen hat es. Die vier Schuluhren, die im Heimatmuseum auf bessere Zeiten warten, sind freilich viel zu groß dafür.

Rund 25 Trafostationen im gesamten Netzgebiet wird die Firma Art-EFX im Auftrag des Bayernwerks heuer künstlerisch umgestalten. Sollte Silke Mall wieder einmal im Unterhachinger Rathaus anrufen, eine Idee für eine dritte Graffiti-Aktion gibt es bereits. Am nördlichen Ende des Bahnsteigs in Unterhaching steht ein Trafohäuschen, zur Hälfte im Erdreich versenkt. "Der Künstler Ronge hat mir schon seine Idee dazu gezeigt, das sieht aus, als ob ein Zug aus der Erde rausführt", verrät Staudter.

© SZ vom 29.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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