Theater:Problemkind Mik mal vierzehn

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Plastikfolien, ein Chor, 14 Hauptdarsteller und 26 Bildschirme - auch die Technik-Crew hat ganze Arbeit geleistet. (Foto: Claus Schunk)

Das Haarer Gymnasium bringt den Jugendroman "Ihr kriegt mich nicht" mit großem technischen Aufwand auf die Bühne. Die Hauptrolle teilen sich viele Darsteller

Von Marie Hesslinger, Haar

26 alte Computerbildschirme baumeln von der Decke. Sie richten sich ins Publikum. Blitze flammen darauf auf. Eine durchsichtige Plastikfolie trennt die Zuschauer von der Bühne. Dahinter tanzen weiße, zuckende Gestalten zu bedrohlicher Musik. Vor der Plastikfolie marschieren 14 weiß gekleidete Figuren auf und ab und bauen sich vor den Mikrofonen zu beiden Seiten des Publikums auf. Sie bilden den Chor, der die Geschichte des kleinen Mik erzählt.

Thomas Ritter ist Leiter des Mittelstufentheaters am Haarer Gymnasium. Immer noch ist seine Gruppe in ganz Deutschland mit dem erfolgreichen Stück "Spurensuche" unterwegs. Auf Tournee sah Ritter bei einem Theaterfestival eine Aufführung des Gymnasiums Traunstein. Und war fasziniert. "Da konnte man spüren, dass das ein wunderschöner Ausgangstext ist", sagt er. "Ihr kriegt mich nicht" ist ein Jugendroman von Mikael Engström.

Protagonist ist das "Problemkind" Mik. Seine Mutter ist tot, sein Vater Alkoholiker. Das Sozialamt schickt ihn zu seiner Tante ins verschneite Norwegen. Dort fühlt er sich zunehmend wohl, findet Freunde. Doch dann steckt ihn das Sozialamt in eine Pflegefamilie. Die Handlung aber steht im Theaterstück des Ernst-Mach-Gymnasiums nicht im Vordergrund. Vielmehr geht es um das Gefühl der Einsamkeit und der unverhofften Wärme, die die Theatergruppe mit einem eindrücklichen Bühnenbild transportiert. Auf den Computerbildschirmen erscheinen selbst gedrehte Szenen der Schüler, Landschaftsaufnahmen ziehen vorbei. Der Chor zitiert Sätze aus dem Buch. Sätze, die tatsächlich die schöne Sprache des Ursprungstextes bezeugen. "Das Buch hat eine gewisse Ruhe. Es strahlt eine gewisse Intensität aus", sagt Ritter. Von seinen Schülern verlangte er, dass sie sich ganz bewusst in diese Intensität hineinfänden.

In der Rolle des Mik lösen sich 14 Schüler ab. Dadurch kommen die unterschiedlichen Facetten eines jugendlichen Charakters zum Vorschein: Mik spricht oft zynisch und herablassend, gleichzeitig betrachtet das Publikum seine Verletzlichkeit. "Jeder kann sich mit dieser Figur identifizieren, weil jeder hat mal Probleme zu Hause", sagt die 15-jährige Schauspielerin You-Min Lee.

20 Gestalten bauen sich bedrohlich zu beiden Seiten des Publikums auf und zerknüllen genüsslich weißes Papier. Dann bewerfen sie die Zuschauer damit. Es wird dunkel. "Der da hat den Stein geworfen", ruft ein Schüler aus der Mitte der Zuschauerreihen und zeigt auf Mik. In der nächsten Szene erscheint auf einem großen Bildschirm ein Frauengesicht. Eine Sozialarbeiterin spricht durch den Fernseher zu Mik.

"Technisch ist das von allen Stücken das aufwendigste", sagt Max Beißert-Arosemena. Der 15-Jährige ist seit der 5. Klasse im Technik-Team der Theatergruppe. "Die Monitore aufzuhängen, zu verkabeln, zu verbinden und zentral zu schalten" sei viel Arbeit gewesen. "Mit Abstand das teuerste am ganzen Stück waren die Kabel", sagt Max. Die Computer hingegen waren aus dem Computerraum der Schule ausrangiert worden.

Das Stück sollte nicht ausufern. "Wir haben 90 Prozent des Buches nicht umgesetzt", sagt Ritter. Erst im Laufe seiner Darbietung nimmt es unmerklich Fahrt auf, der Ausgang bleibt offen. Schier erschrickt man, wenn die 20 Schauspieler sich vor dem Publikum verbeugen. Dieses begann am Mittwoch zu jubeln, als die neun Technik-Jungs die Bühne betraten.

Das Stück ist am Freitag von 19 Uhr an im Ernst-Mach-Gymnasium Haar, Jagdfeldring 82 zu sehen.

© SZ vom 31.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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