Teure Anschlussstelle:Landrat droht Autobahndirektion mit Klage

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Die Kosten für den Bau der Autobahnanschlussstelle Aschheim/Ismaning sind aus dem Ruder gelaufen. (Foto: Florian Peljak)

Der Chefplaner der Behörde bleibt den Kreisräten die Antwort schuldig, warum sie nicht über die Kostenexplosion bei der Baustelle an der A 99 informiert wurden. Der Landkreis weigert sich daher, die Mehrkosten mitzutragen - und übergibt die Sache den Juristen.

Von Martin Mühlfenzl, Landkreis

Landrat Christoph Göbel (CSU) hat der Autobahndirektion Südbayern und damit auch dem Freistaat unverhohlen mit Konsequenzen aus der Kostenexplosion beim Bau der Anschlussstelle Aschheim/Ismaning an der A 99 gedroht. In der Sitzung des Kreisausschusses zeigte sich der Landrat am Montag erbost über die enorme Steigerung der Kosten "innerhalb kürzester Zeit". Er sprach sich dafür aus, alle Vorgänge und Kostenpunkte juristisch prüfen zu lassen und kündigte an: "Dann wird es aber noch dramatischer, dann führen wir auf einmal Prozesse."

Der Landkreis soll zahlen, obwohl er nicht eingebunden war

Hintergrund für die Entrüstung des Landrats und die aller Mitglieder des Kreisausschusses war der Auftritt von Gilbert Peiker, der als Chefplaner der Baustelle in Vertretung für Direktionspräsident Paul Lichtenwald dem Gremium Rede und Antwort stand. Allerdings nur bedingt zur Zufriedenheit der Kreisräte. Denn Peiker ließ in seinen Ausführungen keinen Zweifel daran aufkommen, dass seine Behörde nach wie vor der Ansicht ist, der Landkreis müsse sich nach der Kostennovellierung mit 6,9 Millionen Euro an der Verlegung der Anschlussstelle beteiligen.

Peikers Ausführungen veranlassten Göbel dazu, erstmals juristische Schritte des Landkreises gegen die Beteiligung an der Finanzierung in Betracht zu ziehen. "Je mehr Sie sagen, desto eher bin ich überzeugt, wir sollten es tun." Mitte März hatte die Autobahndirektion Südbayern den Landrat darüber informiert, dass die Kosten für die Autobahnausfahrt von 25,4 Millionen auf 44,5 Millionen Euro explodieren. Der Anteil des Landkreises verdoppelt sich dadurch nahezu von 3,9 auf 6,9 Millionen Euro.

"Asche auf unser Haupt"

Planer Peiker erläuterte dem Ausschuss zunächst noch einmal die Gründe für die Kostensteigerung: Den Neubau der Brücke im Kreuzungsbereich der A 99 mit der Kreisstraße M 3 statt der ursprünglich avisierten Sanierung; umfangreiche Verkehrssicherungsmaßnahmen während des Baus; schließlich die Beseitigung von Kampfmitteln und Altlasten. Diese habe ein 2005 angefertigtes Gutachten nicht vorgesehen, sagte Peiker. Zugleich entschuldigte sich der Chefplaner noch einmal für die "späte Information": "Asche auf unser Haupt. Es stimmt, wir haben den Landkreis über Mehrkosten beim Grunderwerb informiert, aber nicht über die Baukosten." Dies dürfe nicht noch einmal passieren.

Dass seitens des Landkreises oder der Gemeinden Druck ausgeübt worden sei, verneinte Peiker eindeutig; auch widersprach er Vermutungen, die Autobahndirektion habe den Umfang der Baumaßnahmen erhöht. "Wir haben auch nicht überdimensioniert gebaut", sagte Peiker. "Für uns war die Leistungsfähigkeit der Anschlussstelle entscheidend, und wir haben eine Lösung gesucht, die die zu erwartende Entwicklung beim Verkehr berücksichtigt."

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Ismanings Bürgermeister Greulich und sein Vorgänger Sedlmair werfen der Autobahndirektion vor, überdimensioniert geplant zu haben - nicht nur die Anschlussstelle Aschheim/Ismaning, sondern den gesamten Verkehrsknotenpunkt.

Von Martin Mühlfenzl

Den Kreisräten und auch Landrat Christoph Göbel reichten diese Ausführungen indes nicht aus. Denn es geht um viel Geld. "Der Vorgang ist nicht nur wegen der späten Informationen bemerkenswert", sagte Göbel. "Die Beteiligung des Landkreises wird von Ihnen linear abgebildet. Aber unsere Beteiligung hat nur mit der Kreisstraße M 3 zu tun." Alles, was die Autobahn betreffe, so Göbel, sei für den Landkreis so interessant, "wie wenn am Flughafen eine vierte Startbahn gebaut wird". Grünen-Kreisrat Frank Sommer warf der Autobahndirektion eine "unglaubliche Schlamperei" vor und kritisierte, diese habe sich offensichtlich nicht an eine bestehende Vereinbarung gehalten: "Daher wird zu prüfen sein, ob wir zahlen."

Gilbert Peiker musste eingestehen, dass es die Autobahndirektion versäumt habe, den Landkreis an den weiterführenden Planungen, die zu der Kostenexplosion geführt haben, zu beteiligen: "Da habe ich heute die schlechtesten Argumente dabei." Allerdings: "Auch wenn wir Sie früher informiert hätten, wäre der Bau nicht billiger gekommen." Dem Landrat war spätestens an dieser Stelle anzumerken, dass sein Geduldsfaden zu reißen drohte: "Ich kann nicht verstehen, dass Sie die Kostenfrage so wegwischen. Alle Veränderungen bei der Kostenfrage ergeben sich aus Änderungen, an denen wir nicht beteiligt waren."

Eine Mischung aus Verzweiflung und Wut

CSU-Fraktionschef Stefan Schelle äußerte gar "eine Mischung aus Verzweiflung und Wut". "Ich weiß nicht, in welchem Elfenbeinturm Sie in der Autobahndirektion eigentlich wohnen. Für mich als Bürger ist es erschütternd, wie hier mit Steuergeldern umgegangen wird."

Der Landkreis wird nun per Beschluss des Kreisausschusses alle Vorgänge - intern durch die Verwaltung und extern durch eine Kanzlei - prüfen lassen. Bis dahin akzeptiert der Kreis die Kostenpflichtbeteiligung am Neubau der Anschlussstelle nicht. Für diese technische und rechtliche Prüfung stimmten alle Mitglieder des Kreisausschusses.

© SZ vom 28.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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