SZ-Umfrage:Wie es sich im Großraum München lebt

Lesezeit: 3 min

  • Vor 40 Jahren hat die SZ eigene Lokalausgaben in den Landkreisen rund um München gestartet.
  • Aus diesem Anlass haben wir unsere Leser nach dem Lebensgefühl im Großraum gefragt. Die Ergebnisse sowie viele weitere Geschichten finden Sie im digitalen Dossier "Stadt, Land, Plus".

Von Lea Frehse

Gäbe es zu dieser Geschichte einen Soundtrack, es mischten sich dort Töne wie: muhende Kühe, Hämmer auf einer Baustelle, das stete Brummen von viel Verkehr und dazu ein "Klonk" - ein Geräusch, wie wenn sich zwei Masskrüge treffen. Der Rhythmus wäre spritzig, aber einfach. Und am Ende der Platte ginge es den meisten ziemlich gut.

Die Geschichte erzählt vom rasanten Wandel des Münchner Umlands. Von Bauern, auf deren Feldern irgendwann Bürogebäude wuchsen statt Getreide. Von Familien, die sich ein Zuhause aufbauen. Von immer mehr Wohlstand und immer mehr Stau. Es ist, alles in allem, wohl eine Erfolgsgeschichte.

Die Landkreise rund um Bayerns Landeshauptstadt, von Freising im Norden bis Bad Tölz-Wolfratshausen im Süden, zählen nach zahlreichen Rankings zu den lebenswertesten Gegenden in Deutschland. Die Verbindungen in die Landeshauptstadt sind eng; das wissen gerade die vielen Pendler. Doch anders, als die Umgebung vieler Großstädte, ist das Umland von München keineswegs fad. Im Gegenteil: Die Landkreise sind voller Orte mit eigenen Traditionen, mit immer neuen Nachbarn und mit Gewerbegebieten, in denen Weltmarktführer viele Jobs bieten. Diese Geschichten finden sich in den Lokalausgaben der SZ, seit vor 40 Jahren die ersten Landkreis-Ausgaben erschienen.

Die Grafiken auf dieser Seite zeigen, wie sich die Region seither verändert hat und was die Landkreise ausmacht. Die Daten darin stammen aus offiziellen Erhebungen der Behörden. Außerdem hat die SZ zum Jubiläum ihre Leserinnen und Leser in den Landkreisen befragt, was sie schätzen und wo es hakt. Gut 6100 beteiligten sich. Die Ergebnisse sind zwar nicht repräsentativ für die Bevölkerung, aber sie lassen einige Wünsche und Sorgen erkennen:

Zufriedenheit

Mehr als ein Drittel der befragten SZ-Leser lieben es, an ihrem Wohnort zu leben. Mehr als die Hälfte wohnt gern dort, während gerade einmal jeder Fünfte es bloß "ok" findet. Viel Liebe für die Heimat also, besonders in den Landkreisen Starnberg und Bad Tölz, wo fast die Hälfte der Befragten das höchste Lob aussprachen. In Fürstenfeldbruck war es nur ein Viertel.

Besonders positiv sehen die SZ-Leser die Freizeitmöglichkeiten in der Natur; darauf folgen die Anbindung durch Busse und Bahnen und der Zusammenhalt unter Nachbarn. Welche Standortvorteile wo besonders häufig genannt werden, spiegelt auch die Lage des Kreises wider. So schätzen die Befragten im Landkreis München besonders die Anbindung an den Nahverkehr, in Erding und Freising das Ortsbild. Weitgehend einig sind sich alle Befragten darin, dass Wohnraum zu knapp und zu teuer ist.

Wohnen

Die Orte sind schön, die Wirtschaft brummt, folglich zieht es auch immer mehr Menschen in die Region. Die Bevölkerung im Münchner Umland wird Prognosen zufolge bis 2030 um etwa zehn Prozent wachsen - etwa dreimal so schnell, wie in Bayern insgesamt. Besonders groß ist der Zuwachs aktuell in den Landkreisen Dachau und München. Die meisten Teilnehmer der SZ-Umfrage sind schon mehr als 20 Jahre in der Region.

82 Prozent der Befragten gaben an, sie fänden die Kaufpreise für Wohnungen zu hoch, mehr als drei Viertel sagten, ihnen fehlten vor allem bezahlbare Wohnungen für junge Familien. Besserung scheint den meisten kaum in Sicht: 65 Prozent der Befragten halten die Entwicklung der Mietpreise für unangemessen, die Hälfte bemängelt, es würden nicht genügend neue Wohnungen gebaut. Dass der offensichtlich dringend benötigte Ausbau aber gar nicht so leicht ist, zeigen die Ergebnisse ebenfalls: Im Landkreis München sprach sich die Mehrheit der Befragten gegen Gebäude mit mehreren Geschossen aus. Lediglich in Fürstenfeldbruck waren SZ-Leser dafür, neues Bauland für Wohnungen auszuweisen.

Infrastruktur

Ein ähnliches Dilemma ergibt sich beim Thema Verkehr: So loben 78 Prozent der Umfrageteilnehmer das Angebot an Bussen und Bahnen, die Mehrheit nutzt sie aber nur ein- bis zweimal in der Woche - das Auto hingegen nutzen 40 Prozent in der Regel täglich. Immerhin: Auch das Fahrrad erfreut sich einiger Beliebtheit. Etwa 60 Prozent nutzen es mehrmals in der Woche, ebensoviele Befragte wünschen sich mehr Radwege. Deren Zahl hat sich in den vergangenen zehn Jahren schon beträchtlich erhöht.

Großprojekte

Während sich die Verkehrssituation für Pendler um München zuletzt eher verschlechtert als verbessert hat, wird die Anbindung in die weite Welt geschätzt. In den Landkreisen Erding und Freising, die vom Flugverkehr am stärksten betroffen sind, gaben 84 beziehungsweise 66 Prozent der Befragten an, der Flughafen habe sich positiv auf die wirtschaftliche Entwicklung ihrer Region ausgewirkt. Insgesamt aber wird der Flughafen von den Befragten in Erding erheblich positiver gesehen, als von den Freisingern. Ein Gefälle zeigt sich auch in Hinblick auf die Idee für einen Ausbau der Autobahn im Münchner Süden: Insgesamt befürwortet eine klare Mehrheit im Landkreis München den Autobahnsüdring - im Norden allerdings deutlich stärker als im Süden.

© SZ vom 05.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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