SZ-Serie Stade Zeit: der Eisverkäufer:Zeit für den guten Kern

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Winterpause zwischen Lebkuchen: Eisverkäufer Rolando Nardi hat sein Geschäft im Winter zwischenvermietet. Er selbst feiert Weihnachten in der Toskana. (Foto: Bardehle)

Eishersteller Rolando Nardi tüftelt im Winter nicht nur an neuen Sorten, er besinnt sich auch auf seine Hobbys.

Von Christina Jackson, Haar

In Rolando Nardis Leben dreht sich alles ums Eis. Die ruhige Zeit des Winters nutzt er für die Recherche.

Gerade eben kommt er aus Italien und berichtet von einer Eismesse. Noch ist alles sehr geheim. Nur so viel: "Es wird 2017 sehr viele neue Geschmacksrichtungen geben." In der Weihnachtszeit zieht Nardi sich in sein Labor zurück. Dort tüftelt er an neuen Eis-Kreationen für die Saison. Auf diese Weise machte er sich mit seinem Café Florenz am Bahnhof Haar über die Gemeindegrenzen hinaus einen Namen.

Früher bedeutete das Saisonende in Deutschland für Nardi zugleich den Urlaubsbeginn in Italien. Seine Eltern, die die Haarer Eisdiele 1984 gründeten, leben heute in Florenz. Bis zur Einschulung seiner beiden Kinder fuhr Nardi immer von Oktober bis Januar in die Toskana. Heute ist er an die Ferien gebunden. "Weihnachten findet für mich trotzdem in Italien statt." Die Vorfreude auf die gemeinsame Zeit mit der ganzen Familie empfindet er schon, wenn er im Oktober sein Geschäft an den Zwischennutzer, einen Lebkuchenhersteller, übergibt. "Das kitzelt schon meine Erinnerungen an die Weihnachtszeit, die ich als Kind in Italien erlebt habe, hervor."

Die Ruhe macht die Menschen besser

Nardi ist überzeugt, dass in der ruhigen Phase des Jahres jeder zu seinem guten Kern gelange: "Die Menschen werden in dieser Zeit ein Stückchen besser." Ein Gedanke, den er versucht, über das ganze Jahr hinweg lebendig zu halten. Dazu engagiert er sich in der Lokalpolitik und setzt sich für den Bau einer Realschule und die Sanierung des Bahnhofs ein. Nebenbei hält er von Oktober an auch Vorträge über sein Handwerk und gibt Kurse zur Eisherstellung an der Haarer Volkshochschule.

Manchmal kitzelt Nardi bei seinen Seminarteilnehmern ungeahnte Talente hervor. So erwies sich die Eis-Erfindung eines Neunjährigen als Verkaufsschlager der Saison. Er kreierte in Anlehnung an seinen liebsten Schokoriegel ein Eis mit Schokolade und Krokant, das heute als Pino Pinguino über die Ladentheke geht. Der kleine Erfinder zählt mittlerweile zu den Stammgästen: Er erhielt als Belohnung einen Extra-Gutschein.

Der Winter bietet Nardi auch eine willkommene Möglichkeit, Hobbys zu pflegen. "Auf diese Weise habe ich Münchner Orte und Sehenswürdigkeiten entdeckt." In der Vorweihnachtszeit macht er ausgedehnte Spaziergänge durch die Landeshauptstadt. "Erst kürzlich war ich in der Alten Pinakothek und der Residenz." Dabei ist er immer auch auf der Suche nach neuen Anregungen für sein Geschäft. Deshalb besucht er Münchner Cafés und Eisdielen. Zum Ausgleich für die stresslastigen Sommermonate zieht es ihn auch auf den Bolzplatz. Als Jugendlicher spielte er in der U16-Mannschaft von Juventus Turin. Heute, mit 48 Jahren, kickt er bei den Senioren des TSV Haar. "Der Sport gibt mir einen guten Ausgleich für die arbeitsreiche Zeit im Sommer."

Aufklärung über gesunde Ernährung

Nicht selten ist er von 7 bis 20 Uhr im Geschäft, daneben begrüßt er immer wieder Kinder und Erwachsene zu Eis-Kursen im Laden. Er setzt sich für gesunde Ernährung ein und will insbesondere die jungen Kursbesucher für das Thema sensibilisieren. Deshalb gibt er den Teilnehmern nicht nur einen Einblick in die Kunst der Eisherstellung, sondern klärt auch über Farbstoffe und künstliche Zutaten auf. "Ich lege großen Wert auf eine Zubereitung mit natürlichen Lebensmitteln. Farbstoffe kommen in meinem Eis nicht vor." In diesem Sinne vermittelt der Konditormeister und Eisfachmann seinen Kursteilnehmern, dass sie sich vor besonders grellen Farben auf Torten und Eis in Acht nehmen sollen. "Eine Bananentorte, die gelb eingefärbt ist, würde ich nicht essen."

Dem Saisonende fiebern insbesondere die Kinder der Familie Nardi entgegen. Sohn Valentino hat die Fußballbegeisterung vom Vater geerbt. Nach einem kurzen Gastspiel beim FC Bayern spielt der 13-Jährige jetzt für den TSV Haar, wo der Vater Trainer war. Für eine Zukunft als Eis-Experte kann sich der Spross allerdings nicht begeistern. Seine Ambitionen sind klar umrissen: Nach dem Abitur möchte er studieren und in der Tourismusbranche oder als Anwalt arbeiten.

© SZ vom 12.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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