SZ-Adventskalender:Kleine Summen, die Großes bewirken

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Die Arbeiterwohlfahrt und das Blaue Kreuz unterstützen Bedürftige mit Mitteln aus dem Adventskalender für gute Zwecke

Von Daniela Bode und Claudia Wessel, Landkreis

"So kann ich mich bei keinem Vermieter vorstellen, auf keine neue Stelle bewerben." - "Bitte ein paar Lebensmittel für den Kühlschrank, damit ich über das Wochenende komme." - "Man kann mich nicht erreichen. Das alte Handy ist defekt. Ich bin durch Corona noch mehr von der Außenwelt abgeschlossen! Ich muss Bewerbungen schreiben, bei Wohnungsanfragen meine Kontaktdaten hinterlassen."

Die Menschen, die sich mit diesen Aussagen an die Wohnungsnotfallhilfe der Arbeiterwohlfahrt (Awo) im Landkreis München wenden, scheitern oft an alltäglichen und praktischen Problemen. Weil es in diesen Fällen schnell gehen muss, hat die Awo eine "Handkasse" eingerichtet, aus der man unkompliziert Geld entnehmen kann. Diese Handkasse konnte der Wohlfahrtsverband mit der Spende des Adventskalender für gute Werke der Süddeutschen Zeitung im vergangenen Jahr wieder auffüllen.

"Riesige Berge an nicht bearbeiteten Baustellen" schleppten die Menschen mit sich herum, die sich an die Wohnungsnotfallhilfe wenden, sagt deren Leiter Stefan Wallner. "Ihre Kraft reicht nicht mehr, die Probleme zu lösen, sie hadern mit sich selbst." Corona habe bestimmte Gesellschaftsschichten zusätzlich isoliert. "Irgendwann bricht das Kartenhaus zusammen und sie stehen machtlos da", so Wallner. Die Wohnungsnotfallhilfe leistet jährlich rund 1700 Erstberatungen, kümmert sich um verzweifelte Wohnungssuchende und um die Wohnungslosen, die in Unterkünften untergebracht sind.

Außer der pädagogisch fachlichen Beratungen hilft die Handkasse, um ein wenig Motivation zu geben, den ersten Schritt wieder zu wagen und loszugehen in eine bessere Zukunft. Da kann man die Mittel für eine schnelle unkomplizierte Einkleidung gegen einen geringen Betrag im Awo-Second-Hand-Kaufhaus Klawotte zur Verfügung stellen oder Prepaidkarten für Handys und Tablets erwerben, für Geräte, die an Klienten verliehen werden.

Man kann aus der Handkasse schnell einen Betrag für ein Geburtstagsgeschenk fürs Kind einer verschuldeten Alleinerziehenden zur Verfügung stellen, einen gebrauchten Rollator erwerben, damit ein Betroffener wieder einkaufen gehen kann. Oftmals wird ein Zuschuss zu Farbe und Pinsel gegeben, damit die Wohnung gestrichen werden kann. Es gibt Übergangshilfen, wenn vom ersten Lohn wegen Schulden noch nichts übrig bleibt. Patronen werden gekauft, damit Bewerbungen gedruckt werden können, Hilfe zur Stromrechnung wird geleistet, es gibt Unterstützung bei kleinen Beträgen zum Ausgleich von Mietschulden. Aus der Handkasse bezahlt wurden im Vorjahr auch Blumen und eine von der Wohnungsnotfallhilfe gestaltete Armenbestattung - für jemanden, der niemanden mehr hatte.

Auch dem Suchthilfeverein Blaues Kreuz München konnte der SZ-Adventskalender mit einer Spende helfen. Die Hilfsorganisation bietet in und um München zahlreiche ehrenamtlich geleitete Selbsthilfegruppen an, einige auch im Landkreis München, darunter in Oberschleißheim und Unterhaching. Für Suchtkranke war die Pandemie mit ihren Lockdowns eine große Herausforderung. So wurden manche rückfällig, bei anderen wurde die Sucht im Home-Office erst bemerkt, die vorher verborgen geblieben war. Der Verein ist daher dankbar, dass er das Geld für die Erweiterung der Präventionsarbeit und Selbsthilfearbeit für Jugendliche und junge Erwachsene sowie für den Bereich Angehörige nutzen konnte.

"Beide Bereiche konnten wir glücklicherweise ausbauen und neue Selbsthilfegruppen etablieren", sagt Norbert Gerstlacher, Sprecher des Suchthilfevereins. Drei für Angehörige, eine neue Gruppe für Jugendliche in Haar. Zwar dauerte es laut Gerstlacher etwas länger als zunächst gedacht. Ursache war unter anderem, dass die Pandemie die Situation in allen Bereichen der Selbsthilfe erschwerte. So konnten Gruppen nur eingeschränkt betrieben werden, Gruppenleiter mussten sich ständig auf neue Bedingungen einstellen. "Trotz aller Widrigkeiten konnten wir die genannten Gruppen ins Leben rufen, worauf wir sehr stolz sind", sagt er. Gerade zur rechten Zeit konnten sie damit ihr Angebot ausbauen. "Die Anfragen im Koordinationsbüro haben in beiden Bereichen seit Beginn der Corona-Pandemie exorbitant zugenommen." Dank der Spende konnte der Verein Flyer drucken, um die neu gegründeten Gruppen bekannt zu machen.

Auch für die monatliche Nutzungsgebühr, die für die neue Jugendgruppe in Haar für die Räume im Jugendkulturhaus Route 66 anfällt, wird laut Gerstlacher die Spende verwendet. Manch geplante Aktion für mehr Außenwirkung war dem Verein wegen Corona nicht möglich. Er hofft aber, dies 2022 nachholen zu können. "Die Spende hat uns die Möglichkeit eröffnet, für die genannten Aktionen und für jene, die in das Jahr 2022 verschobenen werden mussten, nicht auf unsere freien Mittel zurückgreifen zu müssen", sagt Gerstlacher. Die Spende "ist und war eine sehr, sehr große Hilfe auf dem Wege, unsere dringendsten Anliegen in die Tat umsetzen zu können".

(Foto: SZ)
© SZ vom 20.11.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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