Streit im Rathaus:Heyland wagt die Machtprobe

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"Es ist mir wurscht, wie Sie abstimmen": Neubibergs Bürgermeister will einen Gemeinderatsbeschluss zur Flüchtlingsunterbringung nicht umsetzen - und beharrt darauf, damit sogar im Recht zu sein.

Von Martin Mühlfenzl, Neubiberg

Der Satz steht im Raum. Und er klingt wie die Drohung eines Despoten. "Es ist mir letztendlich wurscht, wie Sie abstimmen, ich werde es sowieso nicht umsetzen", rief Neubibergs Bürgermeister Günter Heyland den Gemeinderäten von CSU, Grünen und dem Vertreter der Studentenvereinigung entgegen. Diese ungewöhnliche Allianz hatte gerade gegen Heylands Freie Wähler, die SPD und die FDP knapp einen Antrag durchgebracht, der in der Gemeinde weiter Gesprächsstoff sein wird - und den Bürgermeister nun zum Handeln zwingt.

Es ging dabei um die 71 gemeindlichen Wohnungen. Um den Umgang mit Flüchtlingen. Und um Entscheidungsgewalt. Denn natürlich lässt der Satz Heylands aufhorchen; ein Bürgermeister kann sich schließlich nicht wie ein absolutistischer Monarch über den Willen des Gemeinderats hinwegsetzen. "Darum geht es auch nicht", sagt Günter Heyland. "Ich habe auch ein sehr ausgeprägtes Demokratieverständnis. Nur hat mich diese Diskussion wirklich auf die Palme gebracht."

Was war passiert? CSU, Grüne und der Studentenvertreter hatten in ihrem Antrag gefordert, die Verwaltung müsse jede frei werdende gemeindeeigene Wohnung an das Landratsamt melden, um sie mit Asylbewerbern belegen zu können. Ausnahmslos. Ein Ansinnen, das auf den ersten Blick Sinn ergibt. Schließlich muss Neubiberg noch in diesem Jahr mindestens 128 Flüchtlinge unterbringen. Doch Wohnungen sind rar in der Kommune, eine Gemeinschaftsunterkunft gibt es noch nicht. Die Verwaltung und das Landratsamt loten derzeit mögliche Standorte aus, konkrete Ergebnisse aber liegen noch nicht vor.

Heyland aber reagierte auf den Antrag der schwarz-grünen Koalition äußerst gereizt - und sieht sich rückblickend auch falsch verstanden. "Wenn wir jede freie Wohnung dem Landratsamt melden, kommt das einer Privilegierung der Asylbewerber gleich", sagt der Bürgermeister - und schiebt sofort hinterher: "Und zu dieser Aussage stehe ich auch." In den meisten der 71 gemeindeeigenen Wohnungen seien bedürftige Neubiberger Bürger untergebracht, sagt Heyland. Menschen, die in Not geraten sind. Aber auch Erzieherinnen oder Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr. "Wenn wir nur noch Flüchtlinge in die Wohnungen hereinnehmen, findet ein Verdrängungswettbewerb statt", sagt Heyland. "Wir tragen auch Verantwortung für die Einheimischen in unserer Gemeinde, die Hilfe brauchen." Und ohnehin würden im Jahr nur ein oder zwei Wohnungen frei.

Den Satz als solches will der Rathauschef nicht zurücknehmen. Denn Heyland sieht für eine Umsetzung des beschlossenen Antrags keine rechtliche Grundlage: "Bei gemeindeeigenen Wohnungen geht es um sogenannte laufende Verfahren. In diesem Fall entscheiden ausschließlich der Bürgermeister und die Verwaltung." Er werde dies aber noch einmal durch die Rechtsaufsicht prüfen lassen und dem Gemeinderat dann das Ergebnis mitteilen.

Dies freilich wird die Problematik der Unterbringung von Asylbewerbern nicht lösen. Momentan sind in Neubiberg 22 Flüchtlinge zu Hause. Für den Rathauschef ist vollkommen klar, dass die Gemeinde einen Kompromiss wird eingehen müssen: "Es wird ein Sowohl-als-auch. Ich stehe der Unterbringung in Wohnungen auch offen gegenüber, aber es wird auch eine Gemeinschaftsunterkunft geben."

Dieses "Sowohl-als-auch" kann dann natürlich auch auf die gemeindeeigenen Wohnungen zutreffen.

© SZ vom 03.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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