Straßlach-Dingharting:Gegen die Einsamkeit

Lesezeit: 1 min

Straßlachs Seniorenbeauftragte berichtet über Corona-Zeit

Von Claudia Wessel, Straßlach-Dingharting

Gisela Lengersdorf hatte im Februar gerade ihren Dienst als Seniorenbeauftragte angetreten, sich über ihr schönes neues Büro und das schicke Diensthandy gefreut. In ihrem Kopf malte sie sich aus, wie sie die älteren Straßlacher betreuen und ihnen interessante Veranstaltungen bieten könnte, getreu ihrem Lieblingszitat: "Wer einen alten Menschen in seiner Familie hat, der besitzt ein Juwel". "Das dauerte gerade mal zwei Wochen, dann kam Corona", erzählte die 54 Jahre alte Wolfratshauserin zuletzt im Gemeinderat, wo sie sich nach neun Monaten im Amt offiziell vorstellte.

Nach der quasi von außen verordneten Kehrtwende sah ihr Programm anders aus. Statt netter Begegnungen, Kurse und persönlicher Treffen ging es sogleich um ganz Konkretes: "Innerhalb von drei Tagen habe ich mit dem Burschenverein ein Einkaufsnetz auf die Beine gestellt", so Lengersdorf. Rund 200 Tüten mit gespendeten Lebensmitteln wurden zu Anfang verteilt, danach speziell für die Senioren eingekauft. Die Helfer riefen eine Whatsapp-Gruppe ins Leben. "Drei Wochen lang hat das Telefon ununterbrochen geklingelt", so Lengersdorf. Schließlich wünschten sich die alten Leute auch Mittagessen, das organisierte die Seniorenbeauftragte gemeinsam mit Toni Roiderer vom Gasthaus zum Wildpark. Essen wurde dort abgeholt und zu den Menschen gefahren. Sie mussten nicht sofort bezahlen, sondern nur einmal die Woche oder einmal im Monat.

Nach der rein logistischen guten Versorgung kamen weitere Probleme ans Licht: Die Menschen fühlten sich einsam. Sie riefen Lengersdorf an, um über Gartenarbeit oder Kochrezepte zu reden. Viele klagten, sie lebten alleine in einem großen Haus und würden niemanden im Ort kennen. Lengersdorf bot an, die Senioren miteinander bekannt zu machen, doch nur zwei waren daran interessiert. Bei einem PC-Workshop würden sehr viele gerne mitmachen, doch der Kurs durfte bisher noch nicht stattfinden. "Alles ist vorbereitet", so Lengersdorf. Sie warte nur noch auf das Okay von Bürgermeister Hans Sienerth (parteifrei). Überhaupt würden die älteren Mitbürger - und einige seien laut Gisela Lengersdorf schon fast 100 Jahre alt - öfter mal rauskommen oder jemanden sehen.

"Wie kann man so alt werden und im Ort niemanden kennen?" fragte Ralf Deterding von der Unabhängigen Wählervereinigung. Da laufe offenbar etwas falsch im Ort. Oliver Seth (Grüne) schlug Neubürgerfeste zum gegenseitigen Kennenlernen vor.

© SZ vom 28.10.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: